StuW Sonderheft NeSt 2025
StuW Sonderheft NeSt 2025
Abhandlungen – Steuerwissenschaften
S90
Daxenberger / Hechtner / Weiß – Steuerbefolgungskosten von Pillar Two – eine qualitative Untersuchung
Tabelle 2: Thematische Verteilung der Interviewaussagen je Interview
Abbildung 5: Worthäufigkeiten in den Interviews
Externe Beratung und Kon trolle
Interne Kontrol len
Personal maß nahmen
Kür zel
Komple xität
Geschäfts struktur
Daten manage ment
I2 I3 I4 I5 I6 I8 I9
21 % 27% 31 %
5%
3% 3% 3% 9% 6% 8% 3% 15%
12% 11 % 22% 11 % 13% 16%
11 %
20% 43% 12%
40% 13% 20%
1 %
13%
18% 32%
11 %
20% 14% 35% 10%
23% 16% 33%
6%
23% 18% 34% 13%
4% 5% 2%
I10
43% 13%
7%
29%
Anmerkung: Darstellung der 50 häufigsten Wörter in den Interviews, Bereinigun gen wurden vorgenommen.
I11
20% 18% 24% 23% 13%
I12
15%
11 %
39% 18%
0% 6%
16% 11 %
Die Sentiment-Analyse dient der Analyse des Sprachtons und ist eine fortgeschrittene Natural Language Processing Tech nik. 73 Die Vergleichbarkeit der Interviews ist durch den semi strukturierten Fragebogen grundsätzlich gewährleistet. 74 An schließend erfolgt die Sentiment-Analyse mittels Na ї ve-Bayes Algorithmus. 75 Dabei werden zwei Kennwerte ermittelt. Die Polarität wird mithilfe eines Naïve-Bayes-Algorithmus berech net und liegt in einem Wertebereich von [ ‑ 1; 1], wobei ‑ 1 einen negativen und 1 einen positiven Sprachton repräsentiert. Der zweite Wert, die Subjektivität, weist einen Wertebereich von [0; 1] auf, wobei 0 für objektive und 1 für subjektive Texte steht. 76 Ein subjektiver Sprachton beinhaltet dabei persönliche Mei nungen, Gefühle, Einschätzungen oder Bewertungen, während sich bei einem objektiven Sprachton insbesondere sachliche, neutrale und faktenbasierte Aussagen erkennen lassen. 70 Im Speziellen kam die Bibliothek „ Wordcloud “ zum Einsatz, vgl. Mueller 2023. 71 Berücksichtigt wurden nur die Antworten der Interviewten, die Antwor ten sind zudem um Stopwords bereinigt (vgl. Chai 2023, 523). Zusätzlich sind Wörter von der Analyse ausgeschlossen, die auf die Persönlichkeit einzelner oder mehrere Interviewten schließen lassen. Den Befragten wurde im Voraus die Anonymisierung ihrer persönlichen Daten sowie denen der Unternehmensdaten zugesichert, daher sind auch aus Text mining-Analysen sämtliche personen- oder unternehmensbezogenen Da ten ausgeschlossen. 72 Vgl. bspw. die Ausführungen von Li 2010; spezifischer bspw. Henry / Leo ne 2016; Seebeck & Kaya 2023; oder Hardeck et al. 2024. 73 In der Accounting-Forschung werden textanalytische Methoden häufig eingesetzt, beispielsweise um Themen zu identifizieren ( Dyer et al. 2017), um Inhalte zu quantifizieren ( Lin et al. 2024), um die Lesbarkeit ( Renne kamp 2012) oder das Sentiment ( Hechtner et al. 2025) von Texten zu ana lysieren, um die Spezifität zu ermitteln ( Seebeck & Kaya 2023), oder um Ähnlichkeiten ( Bozanic & Thevenot 2015) und Unterschiede ( Bochkay et al. 2023) zwischen Texten zu messen. 74 Wir merken jedoch an, dass durch die offene Gesprächsführung teilweise andere thematische Schwerpunkte gesetzt wurden. Um die Analyse nicht durch Umgangssprache zu verfälschen, wurden die Interviews außerdem um eingeschobene „ ja “ bereinigt. Auch wurde der verfälschende Aus druck „ Safe Harbors “ durch ein neutrales Wort ersetzt. Zur Überprüfung der Konsistenz wurden auch die eigenen Fragen der Autoren in den In terviews einer Sprachanalyse unterzogen. Hier zeigt sich, dass über alle Befragungen die eigenen Ausführungen im Vergleich zu Interviewten we der besonders positiv/negativ noch subjektiv formuliert waren. Die tran skribierten Antworten der Befragungsteilnehmer wurden außerdem be reinigt, vgl. Chai 2023, 523. Klassischerweise umfasst die Bereinigung Zahlen, Sonderzeichen, URLs und Stopwords. 75 Vgl. bspw. die Ausführungen von Li 2010; spezifischer bspw. Henry / Leo ne 2016 oder Hardeck et al. 2024. 76 Im Spezifischen wird TextBlob herangezogen, vgl. dazu Loria 2025; Text Blob 2024.
Mittel wert
23% 17% 30% 13%
Es zeigt sich, dass in den Interviews besonders das Datenmana gement (Mittelwert 30 %) und die Komplexität des MinStG (Mittelwert 23 %) dominieren. Danach folgen Aussagen zur Geschäftsstruktur und Personalmaßnahmen. Externe Beratung und Kontrolle und interne Kontrollen werden hingegen weni ger ausführlich von den Interviewten behandelt. Insgesamt sind keine systematischen Unterschiede zwischen dem steuer beratenden Berufsstand und Unternehmensvertretern erkenn bar. Um die abstrakten Inhalte der Interviews zudem greifbar zu machen, können die transkribierten Interviews außerdem einer Häufigkeitsanalyse unterzogen und mittels einer Wortwolke grafisch anschaulich dargestellt werden. 70 Zu diesem Zwecke wurden die 50 am häufigsten von den Interviewpartnern ge nannten Begriffe aus den Interviews extrahiert. 71 Tatsächlich finden sich in Abbildung 5 wesentliche Untersuchungsergeb nisse wieder. Die Grafik betont insbesondere die von den Inter viewten genannten Schwierigkeiten bei der Datenerhebung (z.B. Daten, IFRS, Reporting, Tool) und die Komplexität der Geschäftsstruktur (z.B. Gesellschaften, Konzern, Länder). Auch die externen Berater und andere angesprochene Kostentreiber wie Safe Harbor Rules und QDMTT finden sich in der Abbil dung wieder. 5.2 Sentiment-Analyse Die Analyse des Sprachtons ist ebenfalls eine potentiell wert volle Informationsquelle. In der wissenschaftlichen Literatur wird der Ton von Veröffentlichungen u.a. genutzt, um Rück schlüsse auf das zugrunde liegende Verhalten von Unterneh men zu ziehen. 72 Übertragen auf Interviews kann die Tonana lyse dabei unterstützen, die offene oder verdeckte Einstellung der Befragten zu dem Interviewthema zu ermitteln. So könnte etwa der steuerberatende Berufsstand die Auswirkungen von Pillar Two positiv verzerrt darstellen, die Unternehmen hin gegen die Mindeststeuer als belastender als nötig darstellen.
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