StuW Sonderheft NeSt 2025
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Abhandlungen – Steuerwissenschaften S87 Daxenberger / Hechtner / Weiß – Steuerbefolgungskosten von Pillar Two – eine qualitative Untersuchung
tigen Unternehmen 65 , die Ausgestaltung der Pillar Two Rege lung beeinflussen können (I11). Als weitere Beispiele werden angeführt, dass Unternehmen, die im Anlagenbau oder in der Montage tätig sind, einen wesentlichen Mehraufwand aufgrund der zahlreichen Betriebsstätten haben (I4). Die Geschäftsstruktur umfasst schließlich auch die gewählte Unternehmensrechtsform. Es wird angeführt, dass zwischen Personengesellschaftskonzernen und Kapitalgesellschaftskon zernen wesentliche Unterschiede bestehen (I1, I8): „ Also Per sonengesellschaften sind für Pillar Zwei schwieriger – also defini tiv. “ (I9). Beispielsweise gelten für eine inländische gewerbliche Personengesellschaft, die als oberste Muttergesellschaft fun giert, grundsätzlich die speziellen Regelungen für transparente Einheiten im Sinne des Mindeststeuergesetzes (§§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 32, 13 MinStG), welche die Befragten als komplexer wahr nehmen (I1, I8, I9). 4.3 Interne Prozesse 4.3.1 Datenerhebung und Datenaufbereitung als Kostentreiber Durch die globale Mindeststeuer sehen sich die Unternehmen mit ungekannten Compliance- und Datenanforderungen kon frontiert. Somit wird das Datenmanagement von den Inter viewten als zentral angesehen: „ [...] [A]n die Daten halt ran zukommen, das ist die Herausforderung. “ (I8). In diesem Zusammenhang wird betont, dass Pillar Two ein „ Datenbeschaffungsprojekt “ (I9) ist. Die Befragten sehen eine Tendenz der Unternehmen, ihre steuerlichen Prozesse grund legend zu überdenken und spezialisierte Tools für das Tax Re porting sowie für die Umsetzung der effektiven Mindest besteuerung (I9, I10) einzusetzen. Einigkeit besteht unter den Experten darin, dass automatisierte Prozesse die Datenerhe bung langfristig erleichtern (I2, I8, I10): „ Ich automatisiere nicht jedes Land, sondern ich automatisiere das System. “ (I10). Als Vorteile der Automatisierung werden höhere Nachvollzieh barkeit, integrierte Kontrollen sowie strukturierte Review-Pro zesse angeführt (I6, I10). Trotz der Vorteile wird erwähnt, dass „ [j]e einfacher oder automatisierter man das haben will, desto mehr IT ‑ Aufwand muss ja bezahlt werden. “ (I8). Gerade bei der Suche nach einem entsprechenden Automatisie rungstool oder einer -software stehen die Unternehmen vor Herausforderungen. Viele Anbieter haben noch kein finales Tool entwickelt (I9, I12) oder können es für das Unternehmen noch nicht spezifisch genug anbieten, so dass sich manche Konzerne noch nicht endgültig für eine IT ‑ Lösung entschieden haben: „ Da werden wir nochmal ein separates Tool haben. Wir haben uns da auch schon ein Modul zu einem Tool gekauft. Al lerdings sind die da noch in der Mache. Also das ist ein externer Anbieter und da klappt jetzt auch noch nicht alles perfekt. “ (I12). Die Mindestbesteuerung entfaltet konzernweite Wirkung, da her werden benötigte Datenpunkte in der Regel entweder aus der Konsolidierungssoftware oder manuell aus den einzelnen Reporting-Packages abgeleitet. Zudem verlangt Pillar Two In formationen, die bisher nicht abgefragt und daher vom Unter nehmen noch nicht erstellt wurden, wie beispielsweise ein IFRS-Einzelabschluss der separaten Tochtergesellschaften. Da
ten aus der Konsolidierungssoftware sind zumeist deutlich leichter zu beschaffen (I2, I3, I4, I9). Die Teilnehmer betonen, dass der erforderliche Aufwand maßgeblich von der bestehen den Datenbasis abhängt (I1, I4, I5, I6, I8): „ Meistens liegen 40 Prozent der Daten im Konzern irgendwo vor, weitere 40 Prozent müsste man sich lokal holen und den Rest hat man nicht. “ (I3). Insbesondere wenn Anpassungen in Systemen oder bei bisheri gen Reporting-Packages vorgenommen werden müssen, erfor dert die Verwaltung und Integration von Informationen zu sätzliche Ressourcen (I7, I9, I11). Es wird betont, dass alleine die Eröffnung von neuen Konten „ ein massiver Kampf in jedem Konzern “ (I10) ist. Teilweise werden gar völlig neue Buchungs kreise benötigt (I5, I7, I10, I12). Zudem wird angemerkt, dass auch Daten benötigt werden, die systemisch nicht erfasst wer den können (I9, I11). Insbesondere bei komplexen Sachverhal ten wie der Erfassung latenter Steuern bei nicht konsolidierten Gesellschaften verursacht Pillar Two so manuelle Prozesse (I4, I12). Ganz grundsätzlich müssen Informationen zum Teil aus verschiedenen Quellen abgerufen und überführt werden. Daher reduziert eine zentrale und einheitliche Buchführung sowie ein heitliche Systeme den Anpassungsaufwand bei der Datenerfas sung erheblich: „ [D]ie Einheitlichkeit der Systeme und der Da tenzugriff, den ich auf Konzernebene habe “ , (I2) sind entschei dende Faktoren. Insgesamt zeichnet sich die Datenerhebung durch höhere an fängliche, aber auch verhältnismäßig hohe laufende Kosten aus, da es Anpassungen am Gesetz sowie am Rechnungsstan dard oder Auslegungsänderungen gibt (I5, I6, I8). „ Deswegen wird das ‚ Datenpunkte setzen Thema ‘ sich noch lange ziehen und auch das Customizing des IT ‑ Tools. “ (I9). Wesentlicher Kostentreiber sind neben der Datengenerierung auch die laufenden Kosten der Datenaufbereitung, da die Daten für die Steuerdeklaration und internes Reporting regelmäßig sorgfältig überprüft und präsentiert werden müssen. Auch wird eine gute Datenaufbereitung für die laufende Abschlussprüfung oder internen Kontrollen gefordert (I8, I9, I10). In diesem Zu sammenhang spielt „ nicht nur [die] Datenpunktanalyse, son dern auch Datenqualität und auch Granularität “ (I5) eine we sentliche Rolle. Aus diesem Grund heben die Interviewten her vor, dass langfristig der Einsatz von Softwarelösungen bei der Datenverarbeitung entscheidend ist, um nicht nur die Effizienz zu steigern, sondern auch potentielle Fehlerquellen zu mini mieren und eine höhere Genauigkeit in der Verarbeitung si cherzustellen (I6, I5, I10). Es wird hervorgehoben, welche Faktoren wesentliche Kosten treiber bei der Datenaufbereitung sind: „ Also die eigentliche Pil lar Zwei Lizenz sind paar 10.000 EUR, aber das Hauptproblem ist eben der zusätzliche Ressourcenbedarf. “ (I11). Die Teilnehmer unterstreichen zudem, dass die Durchführung der Steuerdeklaration noch unklar ist und bislang keine genau en Vorgaben beziehungsweise noch kein präzises Format vor liegen. Es wird erwartet, dass die Deklaration auch zu einem er
65 IP steht für „ intellectual property “ . Solche Unternehmen haben Ge schäftsmodell, die stark auf geistigem Eigentum (wie Patente, Marken, Urheberrechte) basieren.
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