StuW Sonderheft NeSt 2025

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Abhandlungen – Steuerwissenschaften S81 Daxenberger / Hechtner / Weiß – Steuerbefolgungskosten von Pillar Two – eine qualitative Untersuchung

Pillar Two vorgestellt wird. 19 Daneben wurden am 14.3.2022 ein dazugehöriger Kommentar 20 sowie umfangreiche Anwen dungsbeispiele 21 von der OECD vorgelegt. In der Europäischen Union erfolgte die Implementierung über eine EU ‑ Richtlinie. Am 15.12.2022 wurde die Richtlinie zur Umsetzung der Glo BE-Regelungen durch die EU-Kommission einstimmig be schlossen und am 22.12.2022 im Amtsblatt der EU veröffent licht. 22 Aufgrund der Komplexität der Regelungen wurde am 17.3.2023 zunächst ein Diskussionsentwurf eines Gesetzes für die Umsetzung der Richtlinie zur Gewährleistung -einer globa len Mindestbesteuerung für multinationale -Unternehmens gruppen und große inländische Gruppen in der Union (Min destbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz) veröffentlicht. Darauf folgten nach breiter Diskussion in der Fachwelt ein je weils überarbeiteter Referenten- und Regierungsentwurf. Dem Regierungsentwurf wurde am 10.11.2023 in zweiter und dritter Lesung des deutschen Bundestags zugestimmt und am 15.12.2023 erfolgte auch die Zustimmung des Bundesrats. 23 Hierbei handelt es sich um ein gänzlich neues Gesetz im Steu errecht, welches neben der bekannten Ertragsbesteuerung für unternehmerische Aktivitäten Anwendung entfaltet und die Erhebung einer Mindeststeuer sicherstellen soll. Die Mindest besteuerung gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 30.12.2023 beginnen (§ 101 Abs. 1 MinStG). Im Detail sieht das Gesetz vor, dass Geschäftseinheiten, die in mindestens zwei der vergangenen vier Geschäftsjahre konsoli dierte Konzernumsatzerlöse von mindestens 750 Mio. € aus gewiesen haben, in den Anwendungsbereich fallen (§ 1 Abs. 1 MinStG). 24 Dabei bezeichnet eine Geschäftseinheit jede einzel ne Einheit einer Unternehmensgruppe sowie jede ihrer in ei nem anderen Steuerhoheitsgebiet belegenen Betriebsstätten (§ 4 Abs. 2 MinStG). Verschiedene Geschäftseinheiten sollen aufgrund ihres besonderen Zwecks und Status jedoch vom An wendungsbereich der Mindestbesteuerung ausgenommen wer den. Dazu gehören u.a. Organisationen ohne Erwerbszweck, Pensionseinheiten oder Einheiten, welche eine Tätigkeit im öf fentlichen Interesse ausüben wie etwa im Bereich der Gesund heitsversorgung, Bildung oder Errichtung öffentlicher Infra struktur (§ 5 Abs. 1 MinStG). Die Steuerpflicht der im Inland belegenen Geschäftseinheiten findet unabhängig von der Rechtsform des Steuerpflichtigen Anwendung. 25 Die effektive Mindeststeuer soll entweder durch die Anwen dung einer Primärergänzungssteuer ( „ Income Inclusion Rule “ ; §§ 8 – 10 MinStG), einer Sekundärergänzungssteuer ( „ Underta xed Profit Rule “ ; §§ 11 – 14 MinStG) oder der anerkannten na tionalen Ergänzungssteuer ( „ Qualified Domestic Minimum Top-up Tax “ ; §§ 90 – 93 MinStG) durchgesetzt werden, indem ein Steuererhöhungsbetrag erhoben wird, wenn die Konzern gesellschaften einer Unternehmensgruppe in einem Land einer effektiven Ertragsteuerbelastung von weniger als 15 Prozent (§ 54 Abs. 1 MinStG) unterliegen. Die anerkannte nationale Er gänzungssteuer findet vorrangige Anwendung, bevor die inter nationale Steuerregelungen zur Geltung kommen. Falls in ei nem Land die Steuerbelastung unter 15 Prozent liegt, können die nationalen Gesetzgeber die Steuerlast einer Unternehmens gruppe durch eine nationale Ergänzungssteuer auf das Min destniveau anheben. Es wird erwartet, dass die Mehrheit der Länder, die das Pillar-Two-Regelwerk umsetzen, auch eine na tionale Ergänzungssteuer einführen. Dadurch können die Staa ten gewährleisten, dass das Besteuerungssubstrat von zunächst

niedrig besteuerten Einkünften im eigenen Land bleibt und nicht durch die Anwendung der nachrangigen Besteuerungs mechanismen in anderen Staaten besteuert wird. So hat bei spielsweise neben Deutschland auch die Schweiz mit Wirkung ab 2024 eine solche qualifizierte nationale Ergänzungssteuer eingeführt. Obwohl die OECD grundlegende Vorgaben für die Ergänzungssteuer gemacht hat, gibt es keine einheitliche Vor lage für ihre Ausgestaltung. Nationale Umsetzungen weichen daher von den allgemeinen Pillar Two Regeln ab. Unterneh men müssen sowohl die OECD-Regelungen als auch die spezi fische nationale Umsetzung und die angewandte Rechnungs legungsnorm zur Berechnung der anerkannten nationalen Er gänzungssteuer berücksichtigen. Im Ergebnis soll das MinStG damit eine bestimmtes Steuerniveau absichern. Damit unter scheidet sich das MinstG insofern von Einkommen- und Kör perschaftsteuer, indem hier ein kontrollierendes Element für die Höhe der Steuerbelastung im Vordergrund steht. Die Unternehmensgruppe ist verpflichtet, den effektiven Steu ersatz für jedes Land zu ermitteln (§§ 53 ff. MinStG), d.h. für alle in diesem Land ansässigen Einheiten der Gruppe (sog. Ju risdictional Blending). Zu diesem Zweck wird die Gesamtsum me der angepassten, erfassten Steuern der Geschäftseinheiten in einem Steuerhoheitsgebiet durch den Gesamtbetrag der Mindeststeuergewinne und -verluste dieser Einheiten dividiert. Liegt der ermittelte effektive Steuersatz in einem Land unter dem Mindeststeuerniveau von 15 Prozent, soll eine Nachver steuerung (Ergänzungssteuer gem. §§ 8 ff. MinStG) erfolgen. Dabei entspricht die Differenz zwischen dem Mindeststeuersatz von 15 Prozent und dem ermittelten effektiven Steuersatz dem sog. Steuererhöhungsbetrag. Ausgangspunkt der Ermittlung des Mindeststeuergewinns und -verlustes soll das gemäß Kon zernrechnungslegungsstandard der obersten Muttergesellschaft ermittelte Ergebnis jeder Gesellschaft vor etwaigen Konsolidie rungsanpassungen darstellen. Dieses Ergebnis ist um verschie dentliche Anpassungen zu korrigieren, welche sich als Hin zurechnungen und Kürzungen darstellen (§ 18 MinStG). Bei spiele sind etwa Hinzurechnungen oder Kürzungen aus der Anwendung der Neubewertungsmethode auf Sachanlagen (§ 22 MinStG). Die zweite wesentliche Größe sind die sog. an gepassten erfassten Steuern. Diese setzen sich aus den im Kon zernabschluss ausgewiesenen Steueraufwendungen für die je weilige Geschäftseinheit zusammen, wobei auch diese um Hin zurechnungen und Kürzungen gemäß den §§ 44 ff. MinStG korrigiert werden. 26 Dazu gehört beispielsweise die Kürzung 19 Vgl. OECD 2021. 20 Vgl. OECD 2022a. 21 Vgl. OECD 2022b. 22 Vgl. Richtlinie (EU) 2022/2523, ABl. EU 2022 Nr. L 328. 23 Vgl. BR-Drucks. 595/23 v. 15.12.2023. 24 Dies gilt unabhängig davon, ob die Unternehmensgruppen auf rein natio naler oder auf internationaler Ebene tätig sind. 25 Vgl. Vögele & Raab 2024: Rz. 493, 497. 26 Der Betrag der angepassten erfassten Steuern wird auf Basis der im Min deststeuer-Jahresüberschuss oder Mindeststeuer-Jahresfehlbetrag für das Geschäftsjahr angefallenen laufenden Steuern ermittelt. Dies gilt jedoch nur, sofern diese laufenden Steuern auch als erfasste Steuern i.S.d. § 42 MinStG betrachtet werden. Beispielsweise werden Beträge für Ver mögens- oder Verbrauchssteuern bereits auf der Ebene des § 42 MinStG von der Berechnung des effektiven Steuersatzes ausgeschlossen.

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