StuW Sonderheft NeSt 2025
Abhandlungen – Steuerwissenschaften StuW Sonderheft NeSt 2025 Diller / Ehm – Vorweggenommene Grundsteuerhebesatzerhöhungen der Kommunen im Zusammenhang mit der Grundsteuerreform
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steht. Dies führt dazu, dass die Grenze für eine Zuordnung zur Treatment-Gruppe bei einem Hebesatzverhältnis von 1,25 liegt. Für die Robustheitstests wird diese Schwelle sukzessiv abge senkt, wodurch sich der Anteil der Gemeinden in der Treat ment-Gruppe erhöht. Dies geschieht bis zu einem Hebesatzver hältnis von 1,013, bei welchem eine Gruppe entsteht, die von der Reform ausschließlich profitiert (Hebesatzverhältnis ≤ 1,013) und eine Gruppe, die wenig bis stark verliert und so mit wenig bis stark erhöhen müsste (Hebesatzverhältnis > 1,013). Da bei dieser Einteilung ein starkes Ungleichgewicht zwischen den Gruppen herrscht – lediglich 9 % der Gemeinden weisen ein Hebesatzverhältnis von ≤ 1,013 auf – werden in ei nem zusätzlichen Robustheitstest nur diejenigen Gemeinden berücksichtigt, die zu den 9 % der am stärksten negativ bzw. positiv von der Reform betroffenen Gemeinden gehören (obe res bzw. unteres 9 %-Perzentil). Abbildung 9 im Anhang zeigt die Ergebnisse dieses Robustheitstests. Überraschenderweise kommt es selbst bei einer Gegenüberstellung der größten Ge winner und Verlierer zu keinem anderen Ergebnis als im Grundfall, insbesondere auch für das besonders interessierende Jahr 2024. Die Annahme, dass die Gemeinden unabhängig vom Ausmaß der Reformbetroffenheit ihre Hebesätze in ähn licher Weise anheben, wird daher zusätzlich gestützt.
Einfluss von Null unterschiedlich ist. Hätten ab dem Reform zeitpunkt überwiegend die betroffenen Gemeinden ihre Hebe sätze erhöht, müssten die Koeffizienten ab diesem Zeitpunkt signifikant werden. Die Koeffizienten sind jedoch, mit Ausnah me für das Jahr 2018, weder im Vor- noch im Nachreformzeit raum von Null signifikant unterschiedlich und zeigen somit, dass sich die Gemeindegruppen weder vor noch nach dem Re formbeschluss in ihrem Hebesatzverhalten signifikant unter schieden haben. Besonders bemerkenswert ist das Jahr 2024, da hier der Wert des t Koeffizienten in etwa 0 beträgt, was darauf hindeutet, dass das Vorgehen bei der Grundsteuerhebesatzfest setzung für beide Gemeindegruppen nahezu übereinstimmt. Gleichzeitig ergibt sich aus der grafischen Betrachtung (s. Glie derungspunkt 3.1.) in diesem Jahr eine deutliche Anhebung der Grundsteuerhebesätze. Dies legt nahe, dass die Erhöhung der Grundsteuerhebesätze unabhängig davon erfolgt, ob eine Gemeinde stärker oder nur in geringem Umfang von der Re form betroffen ist.
Variable
N Mit
Std.- Abw.
Min.
25. Perz.
Med.
75. Perz.
Max.
telw.
Grund steuer B
5.940 509 125 170 423 475 575
1.100
Hebesatz änderungen (Grund steuer B) Neutral hebesätze Hebesatz verhältnis Einwohner Einwohner dichte Wohneigen tumsquote Anteil Bevöl kerung 65 und älter Schulden je Einwohner Gemeinde anteil ESt pro Kopf Gemeinde anteil USt pro Kopf Einzahlung abzgl. Aus zahlung in Mio.
5.940 14,16 36,72 -144 0,00 0,00 12,25
410
396 750 177 221
634 723 858 1.422
396 1,25 0,18 0,71
1,14 1,25 1,36
1,76
396 45.121 89.179 4.095 12.728 20.992 40.906 1.086.500
396 509 539 45,80 168 292 622
3.045
396 0,54 0,10 0,22 0,48 0,56 0,62
0,75
396 0,22 0,02 0,15 0,21
0,22 0,24
0,39
396 2.616 1.922 35,81 1.160 2.215 3.526 12.306
Abbildung 7: Die Abbildung zeigt die geschätzten Koeffizienten der Interakti onsterme sowie die 95 % ‑ Konfidenzintervalle für die Schätzungen zu Modell (2) (schwarz) und (3) (grau). Das ausgelassene Basisjahr 2019 ist mit einer vertika len grauen Linie gekennzeichnet. Die Gemeinden sind anhand eines Hebesatz verhältnisses von 1,25 gruppiert.
396 522 74,67 306 474 515 568
809
396 97,56 39,35 21,83 70,08 94,96 120
373
3.3 Fiskalische Notwendigkeit als Treiber der Hebe satzerhöhungen Um fiskalische Zwänge als Grund für die Erhöhung der Hebe sätze genauer zu beleuchten, werden beide Modelle mit einer alternativen Gruppeneinteilung geschätzt. Anstelle der ur sprünglichen Kategorisierung erfolgt die Einteilung nun basie rend auf der Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinden. Zu nächst wird der Median der Pro-Kopf-Verschuldung als Schwellenwert verwendet, so dass die 50 % der Gemeinden mit der höchsten Verschuldung der Treatment-Gruppe zugeordnet werden. Die Dummyvariable BMG wird daher durch die Dum myvariable Verschuldung ersetzt, die den Wert 1 annimmt, wenn die Gemeinde den Schwellenwert überschreitet. Zur Überprüfung der Robustheit der Ergebnisse wird zusätzlich eine restriktivere Definition der Treatment-Gruppe herangezo
396 0,55 18,98 -184 -2,37 1,34 4,52
105
Tabelle 1: Deskriptive Statistik des Datensatzes. Mit Ausnahme der Hebesätze stammen die Daten einheitlich aus dem Jahr 2021. Der Datensatz umfasst aus schließlich nordrhein-westfälische Gemeinden. Quellen: Regionaldatenbank Deutschland, für die Neutralhebesätze (396 Gemeinden) vgl. Finanzverwaltung NRW (2024a). Tabelle 2 im Anhang präsentiert die Ergebnisse der heteroske dastierobusten Schätzung zu Abbildung 7 für beide Modelle (2) und (3) . Die Analyse soll mehreren Robustheitstests unterzogen werden. Die bisherige Gruppeneinteilung orientiert sich primär daran, stark und weniger stark (nicht) betroffene Gemeinden so zu klassifizieren, dass ein ausgewogenes Verhältnis von 50:50 ent
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