StuW Sonderheft NeSt 2025
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Abhandlungen – Steuerwissenschaften S41 Dyck / Hechtner / Maiterth / Sureth-Sloane – Abschreibungen als Mittel der Investitionsförderung in Deutschland
mit steigender Betriebsgröße. Der Mittelwert bei den Abschrei bungen auf bewegliche Wirtschaftsgüter ist bei Mittelbetrieben fünfmal so hoch wie bei Kleinstbetrieben. Die Fälle ohne Anga be von Abschreibungen (Missings) bei den Mittelbetrieben be tragen nur noch 11 %, bei den Kleinstbetrieben hingegen über die Hälfte mit 53 %. Die Abschreibungen auf bewegliche Wirt schaftsgüter, die mehr als zwei Drittel der gesamten Abschrei bungen ausmachen, werden nachfolgend noch genauer nach den Wirtschaftszweigen analysiert (Tabelle 5). 85
schiede in der Inanspruchnahme von Abschreibungen zwi schen den unterschiedlichen ökonomischen Aktivitäten erken nen. Im Hinblick auf das gesamte Abschreibungsvolumen in der EÜR ist jedoch zu konstatieren, dass die Wirkung steuerli cher Maßnahmen zur Investitionsförderung überschaubar sein dürfte, da der Kapitalstock in diesem Unternehmenssegment nur gering ausgeprägt zu sein scheint. Es könnte aber auch sein, dass der Kapitalstock und die Abschreibungen im Bereich der Unternehmen, die ihren Gewinn im Rahmen der Über schussrechnung ermitteln, erheblich höher ausfallen, die Daten dies aber nicht widerspiegeln, weil die EÜR ‑ Werte zu Abschrei bungen unzutreffend sind. In beiden Fällen sind wissenschaftli che Analysen, die auf den Abschreibungen in den EÜR Daten beruhen, für die Abschätzung gesamtwirtschaftlicher Effekte von Investitionsfördermaßnahmen nur bedingt aussagefähig. V. Zusammenfassung und Ausblick Um Aussagen darüber treffen zu können, wie die aktuellen steuerlichen Abschreibungsregelungen auf die Steuerbelastung und schließlich auf die Investitionstätigkeit wirken oder ob eine Vereinfachung oder Anpassung der Abschreibungsregeln sinnvoll wäre, sind evidenzbasierte Analysen essentiell. Trotz erheblicher Fortschritte in der empirischen Steuerforschung bleibt eine erhebliche Wissenslücke bezüglich der Wirkung und Nutzung einzelner Abschreibungsvorschriften. Empirische Studien zeigen, dass beschleunigte, insbesondere temporäre Abschreibungen Investitionen grundsätzlich för dern. Die Wirkungen auf Investitionsanreize variieren jedoch deutlich zwischen Unternehmen und können mit einer gerin geren Qualität der geförderten Investitionen einhergehen. Es zeigt sich zudem, dass die Komplexität und Verständlichkeit der Regelungen sowie das Vertrauen in den Staat eine wesentli che Rolle für die Wirksamkeit von Investitionsanreizen und da mit auch von Abschreibungen spielen. Die Erfahrungen mit Sonderabschreibungen legen zwar positive Investitionseffekte nahe, weisen jedoch auch auf Mitnahmeeffekte und Abgren zungsprobleme hin, wenn nur bestimmte Investitionen – etwa aus Budget- oder Lenkungsgründen – begünstigt werden. Vie les deutet daraufhin, dass die Verzerrungswirkungen, Steuer unsicherheit und die hohen Befolgungskosten die angestrebten Investitionsanreize mindern. Die Forschung auf diesem Gebiet basiert, bis auf ganz wenige Ausnahmen, die allerdings keine konkreten Einzelnormen in den Fokus nehmen, nicht auf Da ten aus dem Besteuerungsprozess. Befragungen deutscher Unternehmen verschiedener Größen und Branchen liefern Einblicke in die Einschätzungen und tat sächliche Nutzung von Abschreibungsmöglichkeiten. Dabei zeigt sich eine hohe Wertschätzung für Sonderabschreibungen auch bei Befragten, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situati on nicht in den Genuss der abschreibungsbedingten Steuerer sparnisse kommen. Es hat sich auch herausgestellt, dass Unter
Betriebe Fehlende Werte in%
Median Mittel wert
Gesamt in Mio. €
C: Verarbeitendes Gewerbe
206.295
55% 1.642 €
4.171 €
860
D: Energieversorgung 1.024.016
13% 972 €
1.844 €
1.888
E: Wasserversorgung
1.952
41 % 3.852 € 15.565 €
30
F: Baugewerbe
156.033 241.561 45.413 123.301
41 % 2.410 € 61 % 1.042 € 32% 4.667 € 35% 1.479 €
3.816 € 2.592 € 7.217 € 3.083 €
595 626 328 380
G: Handel H: Verkehr
I: Gastgewerbe
J: Information und Kommunikation K: Finanz- und Versicherungs dienstleistungen L: Grundstücks- und Wohnungswesen M: freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienst leistungen N: sonstige wirtschaft liche Dienstleistungen P: Erziehung und Unterricht Q: Gesundheits- und Sozialwesen
76.112
63% 694 €
1.895 €
144
42.054
66% 881 €
2.359 €
99
46.593
53% 1.229 €
3.109 €
145
285.343
51 % 1.354 €
3.885 €
1.108
131.390
60% 1.644 €
4.085 €
537
93.561
79% 623 €
2.361 €
221
10.980
86% 1.087 €
3.176 €
35
R: Kunst, Unterhaltung und Erholung
149.995
67% 644 €
1.966 €
295
Tabelle 5: Nutzung der Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter nach Wirtschaftszweig, Quelle: FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Län der, DOI: 10.21242/73511.2019.00.05.2.1.0, 10.21242/73511.2019.00.05.1.1.0, Business-Tax-Panel 2013-2019, eigene Berechnungen. Die Zahlen verdeutlichen, dass im Vergleich der Wirtschafts zweige untereinander der Anteil der fehlenden Werte stark va riiert. Im Falle der Energieversorgung werden z.B. in 87 % der Fälle steuerliche Abschreibungen auf bewegliche Wirtschafts güter deklariert, wohingegen die Deklaration im Bereich Erzie hung und Unterricht sowie Gesundheits- und Sozialwesen schwach ausgeprägt ist. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass gerade im Bereich der Energieversorgung betriebliche Ar beitsmittel und Anlagen in einem Wertebereich liegen, in wel chem eine Sofortabschreibung nicht möglich ist. Ein anderer Grund könnte sein, dass gerade in den Bereichen Erziehung und Unterricht sowie Gesundheits- und Sozialwesen weniger langlebige Wirtschaftsgüter eingesetzt werden, die einer Ab schreibung unterliegen. Dass im verarbeitenden Gewerbe in 55 % der Fälle keine Werte zu Abschreibungen auf bewegliche Wirtschaftsgüter zu finden sind, ist allerdings verwunderlich. Insgesamt können die Daten aus der EÜR einen ersten Einblick über die Nutzung und Verteilung von steuerlichen Abschrei bungen geben. Hierbei lassen sich bereits jetzt deutliche Unter
85 Die Werte, differenziert nach den Wirtschaftszweigen bezüglich der Ge samtzahl und der Gesamtsumme in Mio. € , fallen kleiner aus als die ag gregierten Werte in Tabelle 2 unter der Position „ Bewegliche Wirtschafts güter “ . Dies liegt u.a. an der Geheimhaltung. Nicht für jeden Wirtschafts zweig war eine Darstellung der Einzelwerte möglich. Hinzu kommen Fäl le, in denen jedenfalls statistisch kein Wirtschaftszweig erfasst ist.
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