StuW Sonderheft NeSt 2025
StuW Sonderheft NeSt 2025
S2
über Steuerwirkungen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Die gewonnenen Ergebnisse können bei der verfassungsgerichtlichen Kontrolle von Steuergesetzen relevant sein oder beispielsweise helfen, Steuerbelastungen zu quantifizieren und Folgewirkungen zu verdeutlichen. Auch zur Höhe von Steuerbe folgungskosten, der Analyse von Steuerlücken oder Steuerhinterziehungsverhalten kann die empirische Steuerforschung wichtige Erkenntnisse erarbeiten (vgl. hierzu auch Wissenschaftlicher Beirat beim Bun desministerium der Finanzen, Gutachten 05/2020, Notwendigkeit, Potenzial und Ansatzpunkte einer Ver besserung der Dateninfrastruktur für die Steuerpolitik, S. 3-15). Zugleich können derartige Analysen wert volle Erkenntnisse für die Evaluierung von Steuergesetzen liefern (vgl. BT-Drucks. 20/14872, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU, Evaluierung von Steuergesetzen – Vor haben, Ergebnisse und Konsequenzen, S. 6). Damit sind wissenschaftliche Analysen zu Steuerwirkungen zugleich ein wichtiger und notwendiger Baustein für die evidenzbasierte Politikberatung (vgl. Koalitionsver trag zwischen CDU, CSU und SPD für die 21. Legislaturperiode, Zeile 1517. Ähnlich bereits der Koalitionsver trag für die 20. Legislaturperiode, Zeile 5638, als „ Grundlage für eine evidenzbasierte Gesetzgebung “ ). Zweifelsohne liegt die finale Entscheidung über steuerpolitische Maßnahmen stets bei den handelnden Politikern und der im Amt befindlichen Regierung. Die Steuerwissenschaften sehen sich daher in einer beratenden Rolle. Sie liefern Einblicke in steuerliche Wirkzusammenhänge und schaffen damit die Vo raussetzung dafür zu verstehen, wie Steuerpolitik tatsächlich wirkt und in welchem Maße gesellschaftli che Ziele durch bestimmte Maßnahmen erreicht werden können. Mit diesen Erkenntnissen ermöglichen sie eine fundierte, objektive Grundlage für den steuerpolitischen Diskurs und den Willensbildungsprozess in Politik und Gesellschaft. Die wissenschaftlich fundierte empirische Analyse von Steuerwirkungen ist allerdings nur dann möglich, wenn geeignete Steuerdaten aus dem Besteuerungsprozess entsprechend aufbereitet und der Wissen schaft zur Verfügung gestellt werden. Hierfür ist es nötig, dass Wissenschaft, Finanzverwaltung und Ver treter der Amtlichen Statistik in einem wechselseitigen Austausch stehen. Dabei bringt jede Gruppe ihre eigene Perspektive und Vorstellung darüber ein, wie die Dateninfrastruktur verbessert werden könnte und wie eine datenbasierte Forschung zielgerichtet vorangetrieben werden kann. Der gemeinsame Dialog er laubt es, die unterschiedlichen Blickwinkel zu erkennen und zu verstehen. Bisher fehlte dafür eine Platt form, auf der Wissenschaft, Finanzverwaltung und Vertreter der Amtlichen Statistik in einen engeren Aus tausch treten konnten. Um diesen Mangel zu beheben, wurde in der vergangenen Legislaturperiode das „ Netzwerk empirische Steuerforschung “ (NeSt) unter Federführung der damaligen Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen, Prof. Dr. Luise Hölscher , gegründet. Das Mission Statement des NeSt, das von dessen Lenkungsgremium erarbeitet wurde, umschreibt die Ziele wie folgt: „ Das Netzwerk empirische Steuerforschung (NeSt) ist eine unter dem Dach des Bundesministeriums der Finanzen errichtete und von ihm betriebene offene und interdisziplinär ausgerichtete Plattform, die ins besondere der Vernetzung von empirisch Forschenden auf dem Gebiet der Besteuerung mit der amtlichen Statistik und der Finanzverwaltung dient. Das NeSt führt diese Gruppen mit ihren unterschiedlichen Experti sen zusammen. Ein zentrales Ziel des Netzwerks ist die Verbesserung der Dateninfrastruktur im Bereich von Steuerdaten in Deutschland. Grundlegend dafür ist die Intensivierung des Wissens- und Erfahrungsaus tauschs der in diesem Bereich arbeitenden Expertinnen und Experten in dem Netzwerk. Hierbei sollen Pro bleme, Chancen und Nutzungspotenziale von Steuerdaten und ihrer Struktur identifiziert und analysiert wer den. Darauf aufbauend sollen Strategien und Maßnahmen für eine zielgerichtete Weiterentwicklung der Da teninfrastruktur erarbeitet und umgesetzt werden – vor allem in Form von konkreten Projekten “ (vgl. hierzu auch Netzwerk empirische Steuerforschung, abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Web/ DE/Themen/Steuern/Steuerliche_Themengebiete/NeSt/netzwerk-fuer-empirische-steuerforschung.html). In der vergangenen Legislaturperiode wurde durch das NeSt eine Vielzahl von Aktivitäten und Veranstal tungen initiiert und vorangetrieben, die u.a. dem Austausch und der Verbesserung der Dateninfrastruktur dienten. So konnte über das NeSt die Dateninfrastruktur bereits spürbar verbessert werden. Wesentliche Verbesserungen in der Dateninfrastruktur konnten etwa über die Bereitstellung neuer Datensätze und ver besserte Verknüpfung bestehender Datensätze durch das Statistische Bundesamt und die Forschungs datenzentren erreicht werden. Des Weiteren konnten für Forschungsanliegen aus der Wissenschaft ge meinsam mit den Akteuren in der Finanzverwaltung und dem Statistischen Bundesamt Ansatzpunkte für datenbasierte Analysen eruiert und erste Schritte gegangen bzw. Hürden für derartige Analysen identifi ziert werden. Die neuen bzw. erweiterten Möglichkeiten für eine evidenzbasierte Steuerforschung wurden auf den bisherigen Jahreskonferenzen des NeSt ebenso präsentiert und erörtert wie die aktuellen Grenzen und zukünftige Wege für eine weitere Verbesserung der Datenlage. Aus Sicht der Wissenschaft hat das NeSt bereits jetzt dazu beigetragen, die Dateninfrastruktur innerhalb der Steuerforschung zu verbessern, indem neue Daten bereitgestellt wurden und ferner die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen wurden, dass zukünftig die Verknüpfung von Steuerdaten in einem deutlich stärkeren Maße als bisher möglich ist. Ein solcher Erfolg ist letztendlich das gemeinsame Ergeb
Made with FlippingBook - professional solution for displaying marketing and sales documents online