StuW Sonderheft NeSt 2025
Sonderheft Netzwerk empirische Steuerforschung (NeSt) 2025
StuW
Sonderheft 2025 102. Jahrgang 25. Juni 2025 Seiten S1 – S96
Steuer und Wirtschaft
Sonderheft NeSt
otto-schmidt.de
Geschäftsführende Herausgeber: Prof. Dr. Johanna Hey, Köln · Prof. Dr. Christoph Spengel, Mannheim
Mitherausgeber: Prof. Dr. Tina Ehrke-Rabel, Graz · Prof. Dr. Joachim Englisch, Münster · Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, München · Prof. Dr. Joachim Hennrichs, Köln · Prof. Dr. Hanno Kube, Heidelberg · Prof. Dr. Ralf Maiterth, Berlin · Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön, München · Prof. Dr. Roman Seer, Bochum Verantw. Redakteur: Prof. Dr. Gary Rüsch, Nordkirchen
Editorial > Hechtner / Maiterth — Editorial ................................................... .......... S1
Sonderheft Netzwerk empirische Steuerfor schung (NeSt)
Abhandlungen > Bösinger — Wachstum und Wohlstand für alle: Für mehr Evidenz
basierung in der Steuerpolitik ..................................................... . . . . . . . . . S5
Güntzler — Steuerpolitische Reformfähigkeit im Zeichen des Koalitionsvertrages wiederherstellen ............................................ . . . . . . . . . S6 Kristiansen / Wittmaack / Fauser / Haghighi / Hauke — Amtliche Steuerstatistikdaten für die Forschung: Stand und Ausblick des Daten angebots ................................................................................. . . . . . . . . S10 Kristiansen / Klotz-Latus / Oschmann / Wittmaack / Egloff — Neue Daten und Zusammenführungsmöglichkeiten im Steuerstatistik gesetz .................................................................................... . . . . . . . . S21 Dyck / Hechtner / Maiterth / Sureth-Sloane — Abschreibungen als Mittel der Investitionsförderung in Deutschland – Möglichkeiten, Gren zen und Perspektiven evidenzbasierter Analysen ............................ . . . . . . . S26 Teuber / Wilhelm / Herrmann / Stöwhase — Wirtschafts- und Politik beratung mit der Lohn- und Einkommensteuerstatistik 2020 ............ . . . . . . . S45 Diller / Ehm — Vorweggenommene Grundsteuerhebesatzerhöhungen der Kommunen im Zusammenhang mit der Grundsteuerreform – eine empirische Analyse ............................................................ . . . . . . . S58 Koch / Scheider — The Known Unknown: Tax Avoidance by European Multinationals .......................................................................... . . . . . . . S68 Daxenberger / Hechtner / Weiß — Steuerbefolgungskosten von Pillar Two – eine qualitative Untersuchung ............................................ . . . . . . . S78
live
Internationale Verrechnungspreise 2025 Aktuelle Brennpunkte und praxisorientierte Gestaltungshinweise
Kölner Tage
25. – 26.09.2025, Köln und online
Tagungsleitung
Seminardaten
Prof. Dr. Sven-Eric Bärsch Diplom-Kaufmann, Steuerberater, Partner, Flick Gocke Schaumburg, Frankfurt a. M.
Seminarort Hotel Pullman Cologne, Helenenstr. 14, 50667 Köln Seminar-Nr. 5900.25.2218.0
Online per Live-Stream Seminar-Nr. 5900.25.2218.1
Prof. Dr. Xaver Ditz Diplom-Kaufmann, Steuerberater, Partner, Flick Gocke Schaumburg, Bonn
Seminarzeit 9.30 – 18.00 Uhr und 9.00 – 13.00 Uhr
Teilnahmebescheinigung Sie erhalten eine Teilnahmebescheinigung über 10 Stunden zum Nachweis Ihrer Fortbildung gem. § 15 FAO und § 9 FBO. Teilnahmegebühr Präsenz: 995 € (zzgl. MwSt.) inkl. digitaler Arbeits unterlagen, Pausengetränken, Mittagessen und ggf. Abendveranstaltung Online: 995 € (zzgl. MwSt.) inkl. digitaler Arbeitsunterlagen Jetzt hier anmelden www.otto-schmidt.de/live live@otto-schmidt.de | Fax: 0221 93738-969
Themen
> Aktuelle Rechtsprechung des BFH zu Verrechnungspreisen > Die neuen Verrechnungspreisdokumentationspflichten gem. §90 Abs. 3 AO > Die neuen Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreis 2024 > Aktuelle Entwicklungen bei Verständigungs- und Vorabverständigungsverfahren > Praktische Erfahrungen mit Year-end Adjustments > Year-end Adjustments im Zoll- und Umsatzsteuerrecht > Update Betriebsstättenbesteuerung > Digitalisierung im Bereich der Verrechnungspreise Zielgruppe Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, leitende Mitarbeiter aus Rechts- und Steuerabteilungen, Vertreter der Finanzbehörden Ihr Nutzen Verrechnungspreise sind mehr denn je „Thema Nummer eins“ in der Prüfung international agierender Konzerne durch die Finanzbehörden. Im Rahmen der Tagung werden die aktuellen Entwicklungen im Bereich der internationalen Verrechnungspreise sowie der Betriebsstättengewinnabgrenzung auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene dargestellt und die Konsequenzen für die Praxis erörtert. Führende Vertreter aus Finanzverwal tung, Rechtsprechung, Unternehmen und Beraterschaft erläu tern hierzu ihre Standpunkte und stellen sie zur Diskussion.
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StuW Steuer und Wirtschaft Sonderheft NeSt
Geschäftsführende Herausgeber: Prof. Dr. Johanna Hey, Köln · Prof. Dr. Christoph Spengel, Mannheim
Mitherausgeber: Prof. Dr. Tina Ehrke-Rabel, Graz · Prof. Dr. Joachim Englisch, Münster · Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, München · Prof. Dr. Joachim Hennrichs, Köln · Prof. Dr. Hanno Kube, Heidelberg · Prof. Dr. Ralf Maiterth, Berlin · Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön, München · Prof. Dr. Roman Seer, Bochum
Begründet 1922 von Heinrich Reinach
Ehemalige Herausgeber: Enno Becker · Dieter Birk · Carl Boettcher (geschäftsführend 1934-1962) · Ottmar Büh ler · Jan van Dijck · Herbert Dorn · Wilhelm Ehrhard (geschäftsführend 1934 – 1935) · Karl Heinrich Friauf (ge schäftsführend 1971 – 1973) · Werner Friedrich · Rolf Grabower · Manfred Groh · Karl-Heinrich Hansmeyer (ge schäftsführend 1971 – 1973) · Anton Heigl · Albert Hensel · Norbert Herzig · Ludwig Heßdörfer · Ernst Höhn · Otto Kahn · Paul Kirchhof · Friedrich Klein · Brigitte Knobbe-Keuk (geschäftsführend 1980 – 1982) · Heinrich Wilhelm Kruse · Joachim Lang (geschäftsführend 1989 – 2014) · Dieter Leibrecht (geschäftsführend 1958 – 1970) · Roland Löhlein · Gerhard Mann (geschäftsführend 1971 – 1973) · Wolfgang Mersmann · Ludwig Mirre · Heinz Oeftering · Heinz Paulick · Heinz-Jürgen Pezzer · Johannes Popitz · Alexander Prugger · Arndt Raupach · Heinrich Reinach (geschäftsführend 1922 – 1933) · Wolfram Reiß · Gerd Rose (geschäftsführend 1971 – 1973) · Günter Schmölders (geschäftsführend 1971 – 1973) · Dieter Schneider · Joachim Schulze-Osterloh · Hartmut Söhn · Gerold Stoll · Klaus Tipke (geschäftsführend 1971 – 1988) · Christoph Trzaskalik · Otto Veiel · Klaus Vogel · Franz W. Wagner · Otto L. Walter · Franz Wassermeyer · Günter Wöhe · Franz Zitzlaff
Inhalt
Editorial
Prof. Dr. Frank Hechtner / Prof. Dr. Ralf Maiterth — Editorial ................................................................................................ S1
Abhandlungen
Steuerpolitik Dr. Rolf Bösinger, Berlin — Wachstum und Wohlstand für alle: Für mehr Evidenzbasierung in der Steuerpolitik .................................. S5
Fritz Güntzler, Berlin/Göttingen — Steuerpolitische Reformfähigkeit im Zeichen des Koalitionsvertrages wiederherstellen ...................... S6
Steuerdaten Annette Kristiansen / Moritz Wittmaack / Dr. Hannes Fauser / Nahid Haghighi / Oliver Hauke, Wiesbaden/Berlin — Amtliche Steuerstatistik daten für die Forschung: Stand und Ausblick des Datenangebots Seit Gründung des Netzwerks empirische Steuerforschung wurde das steuerstatistische Datenangebot der Forschungsdatenzentren der Statisti schen Ämter des Bundes und der Länder umfassend aktualisiert, bestehende Forschungsdatensätze verbessert und neue Forschungsdatensätze ergänzt. Der Aufsatz beschreibt die Zugangsmöglichkeiten für die Wissenschaft, erfasst alle aktuell bestehenden Forschungsdatensätze und um reißt die zugrunde liegenden amtlichen Bundesstatistiken. Zusätzlich wird aufgezeigt, welche amtlichen Steuerdaten bisher nicht als Forschungs datensätze vorliegen und welche Steuerdaten zukünftig in den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder zu Bundesstatistiken verarbeitet werden. ............................................................................................................................................................ S10
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Inhalt
Annette Kristiansen / Aline Klotz-Latus / Kirsten Oschmann / Moritz Wittmaack / Jasmin Egloff, Wiesbaden/Berlin — Neue Daten und Zusammenführungsmöglichkeiten: Änderungen am Steuerstatistikgesetz durch das Jahressteuergesetz 2024 Der Gesetzgeber hat mit dem Jahressteuergesetz 2024 das Steuerstatistikgesetz geändert. Wichtige Neuerungen sind zum einen die Erweiterung der Bundesstatistik über die länderbezogenen Berichte multinationaler Unternehmensgruppen und die Einführung einer Bundesstatistik zur Min deststeuer, um grenzüberschreitende Tätigkeiten von Unternehmen besser darstellen zu können. Zum anderen werden Zusammenführungsmög lichkeiten von Einzelangaben verschiedener Bundesstatistiken aus dem Steuerbereich erweitert. Diese Ausweitungen haben für die Gesetzesfol genabschätzung, die empirische Steuerforschung sowie die daraus resultierende evidenzbasierte politische Beratung eine unmittelbare Bedeu tung. Die neuen Vorschriften ermöglichen erstens umfassendere Analysen der Besteuerung von Einzelunternehmen sowie Personengesellschaf ten und Gemeinschaften. Zweitens ist erstmals die Zusammenführung von Angaben von natürlichen Personen aus den Bundesstatistiken zur Lohn- und Einkommensteuer, der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Grundsteuer möglich. Vor diesem Hintergrund werden zu diesen neuen verknüpfbaren Datengrundlagen auch deren potentielle Analysemöglichkeiten und Herausforderun gen dargestellt. .................................................................................................................................................... S21 Steuerwissenschaften Daniel Dyck, Paderborn / Prof. Dr. Frank Hechtner, Nürnberg / Prof. Dr. Ralf Maiterth, Berlin / Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Caren Sureth-Sloane, Paderborn — Abschreibungen als Mittel der Investitionsförderung in Deutschland – Möglichkeiten, Grenzen und Perspektiven evidenz basierter Analysen Abschreibungsregelungen sind ein zentrales Instrument zur Förderung von Investitionen und regelmäßig Gegenstand steuerpolitischer Diskussio nen. Obwohl theoretische und empirische Studien auf eine investitionsfördernde Wirkung beschleunigter Abschreibungen hindeuten, fehlen de taillierte Erkenntnisse über die Nutzung und Wirkung der im deutschen Einkommensteuergesetz verankerten unterschiedlichen Abschreibungs regeln. Dieser Beitrag analysiert die bestehende Datenlage und identifiziert erhebliche Defizite hinsichtlich Verfügbarkeit und Qualität, die differen zierte empirische Untersuchungen erschweren. Unternehmensbefragungen zeigen eine hohe Wertschätzung für Sonderabschreibungen, selbst bei Unternehmen, die Verluste erzielen und somit nicht unmittelbar profitieren, sowie eine unzureichende Bekanntheit relevanter steuerlicher Regelungen. Allerdings lassen sich die Steuerbelastungswirkungen einzelner Vorschriften und ihre Implikationen für Investitionen durch Befra gungen nicht hinreichend genau ableiten. Die für die Wissenschaft zugänglichen Daten der Amtlichen Steuerstatistik, die hier Abhilfe versprechen, weisen erhebliche Lücken und derzeit noch fehlende Verknüpfungsmöglichkeiten auf. Der Beitrag verdeutlicht die Notwendigkeit, die Dateninfra struktur durch stärkere Integration von E ‑ Bilanz-Daten und Erweiterung steuerstatistischer Angebote zu verbessern. Eine intensivere Zusammen arbeit zwischen Wissenschaft, Steuerverwaltung und Statistik ist entscheidend, um die Nutzung und Wirkung von Abschreibungsregelungen fun diert zu bewerten und steuerpolitische Reformen evidenzbasiert zu gestalten. ............................................................................. S26 Martin Teuber / Julia Wilhelm / Judith Herrmann / Dr. Sven Stöwhase, alle Sankt Augustin — Wirtschafts- und Politikberatung mit der Lohn und Einkommensteuerstatistik 2020 — Coronabedingter Korrekturbedarf infolge vermehrter Zahlungen von Kurzarbeitergeld Der aktuelle Beitrag zeigt exemplarisch für das Kurzarbeitergeld auf, wie coronabedingte Sondereffekte, die sich in den steuerstatistischen Daten des Jahres 2020 niedergeschlagen haben, korrigiert werden können. Ziel ist es, einen Datensatz zu erhalten, der repräsentativ ist für die Jahre nach der Corona-Pandemie, so dass er für Analysen am aktuellen Rand und darüber hinaus verwendet werden kann. Dazu werden auf der Ebene des einzelnen Steuerpflichtigen Fälle mit Bezug von coronabedingtem Kurzarbeitergeld identifiziert, ihre erhaltenen Lohnersatzleistungen in Er werbseinkommen zurückgerechnet sowie Anpassungen bei ihren deklarierten Werbungskosten vorgenommen. ...................................... S45
Gewerbesteuer perfekt kalkulieren Aktuelle Neuauflage unter Berücksichtigung des Jahressteuergesetzes 2024.
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Inhalt
Prof. Dr. Markus Diller / Daniel Ehm, beide Passau — Vorweggenommene Grundsteuerhebesatzerhöhungen der Kommunen im Zusammenhang mit der Grundsteuerreform – eine empirische Analyse Die Grundsteuerreform, die nach einem langwierigen Reformprozess im Jahr 2025 in Kraft trat, führt zu grundlegenden Änderungen der Bemes sungsgrundlage (sowie der Messzahl) der Grundsteuer. Wie sich diese Änderungen allerdings in effektive Belastungswirkungen übersetzen, ist insbesondere auch von den potentiell ebenfalls im Zuge der Reform sich verändernden Grundsteuerhebesätzen der Gemeinden abhängig. Im Vorfeld wurde oft spekuliert, dass die Kommunen die Reform als Gelegenheit nutzen würden, ihre grundsteuerlichen Hebesätze zu erhöhen, un abhängig davon, ob dies aus Aufkommenssicht notwendig ist. Im vorliegenden Beitrag wird anhand von kommunalen Grundsteuerhebesatzdaten aus Nordrhein-Westfalen untersucht, inwieweit Kommunen bereits vor Inkrafttreten der Reform Hebesatzanpassungen vorgenommen haben. Zu dem wird analysiert, inwiefern diese mit einer aufkommensneutralen Grundsteuerbelastung in Zusammenhang stehen. Die Analyse zeigt, dass insbesondere im Jahr 2024 ausgeprägte Hebesatzerhöhungen zu beobachten sind, die sich – im Gegensatz zu bisherigen vergleichbaren Entwick lungen – nicht durch fiskalische Notwendigkeiten erklären lassen und welche auch nicht auf die Herstellung gemeindlicher Aufkommensneutrali tät zurückgeführt werden können. .............................................................................................................................. S58 Prof. Dr. Reinald Koch / Dr. Till Scheider, Eichstätt/Bonn — The Known Unknown: Tax Avoidance by European Multinationals We propose a novel method for assessing the amount of tax-motivated profit shifting and provide empirical evidence on the extent of profit shifting by European multinationals, addressing the ‘ known unknown ’ of how much these firms really avoid taxes in light of recent regulatory efforts against base erosion and profit shifting. By analyzing tax footnote disclosures in IFRS financial statements, we find a significant decline in profit shifting proxies after 2017. Our results further reveal considerable heterogeneity across firm sizes and countries, with smaller firms continuing to engage in profit shifting to some extent. This evidence is highly relevant for policy makers, highlighting the need for improved tax data infrastructu re and further evaluation of regulatory measures. ............................................................................................................. S68 Mit der globalen Mindeststeuer (Pillar Two) wird ein neues Ertragsteuersystem eingeführt, das einen fairen internationalen Steuerwettbewerb gewährleisten und eine gerechte Verteilung der Gewinne sicherstellen soll. Dem potentiellen Nutzen der Mindestbesteuerung stehen jedoch die individuellen Kosten für die Steuerpflichtigen gegenüber. Systemanpassungen und regulatorische Ergänzungen können einen erheblichen Erfül lungsaufwand seitens der Unternehmen verursachen. Die damit einhergehenden Tax Compliance Costs (TCC) sind in der Regel mit einem be trächtlichen Aufwand verbunden. Aus anekdotischer Evidenz ist zu entnehmen, dass die Unternehmen infolge der Einführung der globalen Min deststeuer signifikante zusätzliche Steuerbefolgungskosten zu erwarten haben. Diese Rückmeldung steht teilweise im Widerspruch zu den Geset zesmaterialien, wonach z.B. die einmaligen Kosten der Umstellung mit 2,6 Mio. € beziffert werden. Ziel dieses Beitrags ist es, durch eine explorati ve Interviewstudie potentielle Determinanten der TCC im Kontext der Mindestbesteuerung zu identifizieren. Die Interviewpartner heben insbeson dere die Bedeutung von Maßnahmen der Dateninfrastruktur sowie der Inanspruchnahme externer Ressourcen wie Beratung und internen Per sonalmaßnahmen als wesentliche Kostentreiber hervor. Der Beitrag verdeutlicht die Notwendigkeit einer ausgewogenen Betrachtung der regula torischen Ziele und der operativen Belastungen für Unternehmen, um eine effiziente und praktikable Umsetzung sicherzustellen. .................. S78 Sarah Daxenberger / Prof. Dr. Frank Hechtner / Marius Weiß, Nürnberg — Steuerbefolgungskosten von Pillar Two – eine qualitative Untersuchung
Warum doppelt zahlen? Neuflage unter Berücksichtigung des BEPS-MLI-Anwendungsgesetzes
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Impressum
Steuer und Wirtschaft - Zeitschrift für die gesamten Steuerwissenschaften.
Wege von allen Techniken der Datenübertragung sowie auf Datenträgern, z.B. CD-ROM, DVD, Stick und vergleichbaren Techniken. Der Autor versichert, über die urheberrecht lichen Nutzungsrechte an seinem Beitrag einschließlich aller Abbildungen allein verfügen zu können und keine Rechte Dritter zu verletzen. Dies gilt auch für Entscheidungen und deren Leitsätze, soweit sie vom Einsender redigiert bzw. erarbeitet wurden. Die Zeitschrift und alle veröffentlichten Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede vom Urheberrechtsgesetz nicht ausdrücklich zugelassene Verwertung des Zeitschriften inhalts bedarf einer vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Das Zitieren von Rezensionen ist in vollem Umfang erlaubt. Hinweise für Autoren und Einsender: Bitte senden Sie alle Manuskripte per E-Mail an die Redaktion (gary.ruesch@uni-koeln.de). Wird im Fall des Abdrucks eine Pauschalver gütung gezahlt, gilt sie für die Übertragung eines ggf. bestehenden Nutzungsrechts mit der Maßgabe, die Entscheidung auch in anderen Print- und elektronischen Produkten des Verlages veröffentlichen zu können.
Internet: https://steuerrecht.uni-koeln.de/stuw.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG , Postfach 51 10 26, 50946 Köln · Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln · info@otto-schmidt.de · www.otto-schmidt.de · Geschäftsführender Gesell schafter: Prof. Dr. Felix Hey · Tel. 0221 93 73 89 97 (Vertrieb/Abonnementsverwaltung), Fax 0221 93 73 89 43 (Vertrieb/Abonnementsverwaltung). Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Köln. Geschäftsführende Herausgeber: Prof. Dr. Johanna Hey, Köln; Prof. Dr. Christoph Spengel, Mannheim.
Verantw. Redakteur: Prof. Dr. Gary Rüsch, Nordkirchen.
Herstellung: Bruno Stöcker.
Erscheinungsweise: Die Hefte erscheinen zum 15.2., 15.5., 15.8. und 15.11.
I. Eingereichte Manuskripte
Anzeigen: Christian Kamradt (verantw.), Anschrift des Verlags; Verkauf: sales friendly Dienstleistungen für Verlage und Handel, Stefan-Lochner-Str. 9, 50999 Köln, Tel. 02 28/ 9 78 98-0, E-Mail: media@sales-friendly.de. · Gültig ist die Preisliste der Zeitschrift, abruf bar unter https://www.otto-schmidt.de/mediadaten. Druck: rewi Druckhaus, Reiner Winters GmbH, Wiesenstr. 11, 57537 Wissen, druck haus@rewi.de, www.rewi.de. Bezugspreis: Jahresabonnement inklusive online Beratermodul 533, – € ; Einzelheft 160, – € . Alle Preise verstehen sich inkl. der gesetzlichen MwSt. sowie zzgl. Versand kosten. Die Rechnungsstellung erfolgt jeweils zu Beginn des Bezugszeitraumes. Bestellungen beim Verlag sowie bei jeder Buchhandlung. Kündigungstermin für das Abonnement vier Wochen vor Ende des Bezugszeitraumes. Urheber- und Verlagsrechte: Mit Annahme eines Manuskripts (Aufsatz, Bearbeitung, Leitsatz, Blog-Text) geht für die Dauer von vier Jahren das räumlich unbeschränkte, allei nige und uneingeschränkte (ausschließliche), danach das einfache Nutzungsrecht vom Autor auf den Verlag über, jeweils auch für Übersetzungen, Nachdrucke, Nachdruck genehmigungen und die Kombination mit anderen Werken oder Teilen daraus. Soweit ein Beitrag zur Lern- und Erfolgskontrolle – auch im Rahmen des Fortbildungsnachweises für einen Fachanwalt gem. § 15 FAO – vorgesehen ist, erstreckt sich die Nutzungsrechts übertragung auch auf die vom Autor hierzu formulierten Fragen und Antworten. Das Nut zungsrecht umfasst das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung in gedruckter Form. Zur eigenen Vermarktung, zur gemeinsamen Vermarktung mit einem Kooperationspart ner, zur Vermarktung durch ein Unternehmen, an dem der Verlag überwiegend beteiligt ist, und/oder zur Vermarktung durch einen Dritten, den der Verlag hierzu berechtigt, um fasst das Nutzungsrecht ferner insbesondere die Befugnis zur vollständigen oder teilwei sen Aufzeichnung in elektronischer Form, zur Programmierung, sonstigen Be- und Ver arbeitung für eine elektronische Nutzung einschließlich Zusammenlegung mit anderen Werken zu einem elektronischen Produkt sowie Speicherung in eigenen oder fremden Datenverarbeitungsanlagen, in elektronischen Datenbanken und auf Datenträgern sowie zur Vervielfältigung, Verbreitung einschließlich der öffentlichen Wiedergabe und zur sonstigen Nutzung im Wege fotomechanischer, elektronischer und anderer Verfahren, insbesondere in elektronischen Offline- und Online-Datenbanken und -Diensten, im Wege von Wiedergabetechniken in körperlicher und/oder nichtkörperlicher Form, im ISSN: 0341-2954 (Print) · 2366-1461 (eJournal)
Eingereichte Beiträge werden zunächst von den geschäftsführenden Herausgebern auf ihre Eignung für das Profil von Steuer und Wirtschaft geprüft. Es werden keine Beiträge veröffentlicht, die auf Gutachten für private Auftraggeber beruhen oder denen im Falle von Entscheidungs- bzw. Praxisanmerkungen eine Verfahrensbeteiligung zu Grunde liegt.
II. Begutachtungsverfahren
1. Wirtschaftswissenschaftliche Beiträge
Steuer und Wirtschaft ist die einzige deutschsprachige Zeitschrift, die im VHB-Jourqual Teilranking „ Betriebswirtschaftliche Steuerlehre “ die Note B erreicht. Um dieser Bewer tung Rechnung zu tragen, erfolgt für Beiträge, die (auch) eine wirtschaftswissenschaftli che Methodik zum Gegenstand haben, das nachfolgend beschriebene Begutachtungsver fahren. a) Ist der Beitrag grundsätzlich für das Profil von Steuer und Wirtschaft geeignet, wird für ihn mindestens ein, in der Regel zwei Kurzgutachten eingeholt und dem Autor zur Ver fügung gestellt. Die Gutachter bleiben anonym. b) Besteht Überarbeitungsbedarf, wird der Begutachtungsprozess für die wiedereinge reichte Version wiederholt, bis der Beitrag für eine Veröffentlichung in Steuer und Wirt schaft angenommen wird. Bei Abdruck wird auf das durchgeführte Begutachtungsverfah ren entsprechend hingewiesen. c) Der Begutachtungsprozess soll in jeder Begutachtungsrunde spätestens nach acht Wo chen abgeschlossen sein.
d) Die Gutachter eines Jahrgangs werden im jeweiligen Heft 4 veröffentlicht.
2. Juristische Beiträge
a) Über die Annahme von Beiträgen, die eine juristische Methodik zum Gegenstand ha ben, entscheiden die geschäftsführenden Herausgeber. Im Einzelfall wird ein Mitheraus geber zur weiteren Prüfung hinzugezogen. b) Auf Wunsch des Autors wird auch für juristische Beiträge ein anonymisiertes Begut achtungsverfahren mit zwei externen Gutachtern durchgeführt. Der Prozess folgt der wirtschaftswissenschaftlichen Begutachtung. Bei Abdruck wird auf das durchgeführte Begutachtungsverfahren entsprechend hingewiesen.
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StuW Steuer und Wirtschaft Sonderheft NeSt
Editorial
Deutschland ist ein hoch entwickeltes Industrieland, dessen zentrale Einnahmequelle zur Finanzierung seiner staatlichen Aufgaben die Steuern sind. Als Ergebnis der 168. Sitzung des Arbeitskreises „ Steuer schätzungen “ vom Mai 2025 wird für 2025 ein erwartetes Gesamtsteueraufkommen von knapp 980 Mrd. € berichtet. Dieses Volumen ergibt sich aus den geschätzten Einnahmen aus ca. 25 unterschiedlichen Steu erarten, wie der Broschüre des Bundesministeriums der Finanzen „ Steuern von A bis Z, Ausgabe 2023 “ zu entnehmen ist. Zweifelsohne unterscheiden sich die einzelnen Steuerarten stark in ihrer fiskalischen Bedeutung, wobei den Ertragsteuern neben der Umsatzsteuer die größte Bedeutung zukommt. Allen Steuern ist gemein, dass sie auf ökonomische Aktivitäten in vielfältiger Weise wirken und damit auf unterschiedliche Weise in das Wirtschaftsleben eingreifen, so dass sich Einkommens-, Vermögens- und Konsumpositionen steuerbedingt verändern. Neben dem durch Steuern generierten Aufkommen kommen diesen Wirkungen von Steuern eine wichtige Bedeutung zu. Getreu dem Motto, „ Mit Steuern steuern “ , wird Steuern auch eine ökonomische Lenkungsfunktion zugesprochen. Folgerichtig sehen die Steuerwissen schaften innerhalb der normkonzipierenden Prinzipien eine Einteilung von steuerrechtlichen Normen in die Gruppen Fiskalzwecknorm, Sozialzwecknorm und Vereinfachungszwecknorm vor, wobei die Len kungsnorm neben der Umverteilungsnorm zur Gruppe der Sozialzwecknormen gehört. Wissenschaftliche Erkenntnisse über die Wirkungen von Steuern liefert u.a. die empirische Steuerfor schung. Für die Gewinnung gesicherter empirischer Erkenntnisse ist dabei die Analyse von Steuerdaten unerlässlich. Steuerdaten entstehen vor allem aus dem Besteuerungsvorgang, etwa aus den gegenüber den Finanzbehörden im Rahmen der Erfüllung der steuerlichen Pflichten erklärten Daten (primäre Steuer daten) . Wird die Steuer z.B. im Wege der Veranlagung durch die Finanzbehörden festgesetzt, so entstehen aus diesem Prozess, neben den von den Steuerpflichtigen erklärten Daten, weitere Steuerdaten (z.B. Zwi schengrößen bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens). Ähnliche Überlegungen gelten für Daten aus der Steueranmeldung. Darüber hinaus existieren sekundäre Steuerdaten , die u.a. im Zusam menhang mit der Erfüllung weiterer steuerliche Pflichten stehen (z.B. Anzeigepflicht für grenzüberschrei tende Steuergestaltungen), oder die in Teilen lediglich den Besteuerungsprozess und die Ermittlung der Steuer unterstützen (u.a. Steuerbilanzen, Verrechnungspreisdaten, usw.). Ferner entstehen auch tertiäre Steuerdaten aus dem reinen Verwaltungsvorgang, die eben auch als solche zu bezeichnen wären (u.a. Informationen über die Bearbeitung des Steuerfalls). Diese sehr komplexe Struktur an unterschiedlichen Steuerdaten resultiert aus unterschiedlichen zuständigen Stellen (u.a. Finanzverwaltungen), die für die Erhebung und Verwaltung von Steuern bei Bund, Land und Kommune zuständig sind. Nur Teile dieser Steuerdaten werden in einem standardisierten Prozess erfasst und der Wissenschaft für Forschungszwecke bereitgestellt. Das Statistische Bundesamt, die Statistischen Landesämter und die hier angeschlossenen Forschungsdatenzentren von Bund und Ländern sind in diesen Prozess eingebunden. Hierbei gilt es zu bedenken, dass die Steuerdaten vornehmlich zur Erhebung und Administration der Steu ern erhoben werden. Eine wissenschaftliche Analyse dieser Daten ist lediglich eine Art „ Zweitverwertung “ der Steuerdaten. Wissenschaftliche Erkenntnisse über die Wirkung von Steuern sind unerlässlich, um deren ökonomischen Effekte und Reaktionen von Steuerpflichtigen auf Steuergesetze und Steuerrechtsänderungen verstehen sowie um Aufkommens- und Verteilungswirkungen abschätzen zu können. Evidenzbasierten Kenntnissen
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über Steuerwirkungen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Die gewonnenen Ergebnisse können bei der verfassungsgerichtlichen Kontrolle von Steuergesetzen relevant sein oder beispielsweise helfen, Steuerbelastungen zu quantifizieren und Folgewirkungen zu verdeutlichen. Auch zur Höhe von Steuerbe folgungskosten, der Analyse von Steuerlücken oder Steuerhinterziehungsverhalten kann die empirische Steuerforschung wichtige Erkenntnisse erarbeiten (vgl. hierzu auch Wissenschaftlicher Beirat beim Bun desministerium der Finanzen, Gutachten 05/2020, Notwendigkeit, Potenzial und Ansatzpunkte einer Ver besserung der Dateninfrastruktur für die Steuerpolitik, S. 3-15). Zugleich können derartige Analysen wert volle Erkenntnisse für die Evaluierung von Steuergesetzen liefern (vgl. BT-Drucks. 20/14872, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU, Evaluierung von Steuergesetzen – Vor haben, Ergebnisse und Konsequenzen, S. 6). Damit sind wissenschaftliche Analysen zu Steuerwirkungen zugleich ein wichtiger und notwendiger Baustein für die evidenzbasierte Politikberatung (vgl. Koalitionsver trag zwischen CDU, CSU und SPD für die 21. Legislaturperiode, Zeile 1517. Ähnlich bereits der Koalitionsver trag für die 20. Legislaturperiode, Zeile 5638, als „ Grundlage für eine evidenzbasierte Gesetzgebung “ ). Zweifelsohne liegt die finale Entscheidung über steuerpolitische Maßnahmen stets bei den handelnden Politikern und der im Amt befindlichen Regierung. Die Steuerwissenschaften sehen sich daher in einer beratenden Rolle. Sie liefern Einblicke in steuerliche Wirkzusammenhänge und schaffen damit die Vo raussetzung dafür zu verstehen, wie Steuerpolitik tatsächlich wirkt und in welchem Maße gesellschaftli che Ziele durch bestimmte Maßnahmen erreicht werden können. Mit diesen Erkenntnissen ermöglichen sie eine fundierte, objektive Grundlage für den steuerpolitischen Diskurs und den Willensbildungsprozess in Politik und Gesellschaft. Die wissenschaftlich fundierte empirische Analyse von Steuerwirkungen ist allerdings nur dann möglich, wenn geeignete Steuerdaten aus dem Besteuerungsprozess entsprechend aufbereitet und der Wissen schaft zur Verfügung gestellt werden. Hierfür ist es nötig, dass Wissenschaft, Finanzverwaltung und Ver treter der Amtlichen Statistik in einem wechselseitigen Austausch stehen. Dabei bringt jede Gruppe ihre eigene Perspektive und Vorstellung darüber ein, wie die Dateninfrastruktur verbessert werden könnte und wie eine datenbasierte Forschung zielgerichtet vorangetrieben werden kann. Der gemeinsame Dialog er laubt es, die unterschiedlichen Blickwinkel zu erkennen und zu verstehen. Bisher fehlte dafür eine Platt form, auf der Wissenschaft, Finanzverwaltung und Vertreter der Amtlichen Statistik in einen engeren Aus tausch treten konnten. Um diesen Mangel zu beheben, wurde in der vergangenen Legislaturperiode das „ Netzwerk empirische Steuerforschung “ (NeSt) unter Federführung der damaligen Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen, Prof. Dr. Luise Hölscher , gegründet. Das Mission Statement des NeSt, das von dessen Lenkungsgremium erarbeitet wurde, umschreibt die Ziele wie folgt: „ Das Netzwerk empirische Steuerforschung (NeSt) ist eine unter dem Dach des Bundesministeriums der Finanzen errichtete und von ihm betriebene offene und interdisziplinär ausgerichtete Plattform, die ins besondere der Vernetzung von empirisch Forschenden auf dem Gebiet der Besteuerung mit der amtlichen Statistik und der Finanzverwaltung dient. Das NeSt führt diese Gruppen mit ihren unterschiedlichen Experti sen zusammen. Ein zentrales Ziel des Netzwerks ist die Verbesserung der Dateninfrastruktur im Bereich von Steuerdaten in Deutschland. Grundlegend dafür ist die Intensivierung des Wissens- und Erfahrungsaus tauschs der in diesem Bereich arbeitenden Expertinnen und Experten in dem Netzwerk. Hierbei sollen Pro bleme, Chancen und Nutzungspotenziale von Steuerdaten und ihrer Struktur identifiziert und analysiert wer den. Darauf aufbauend sollen Strategien und Maßnahmen für eine zielgerichtete Weiterentwicklung der Da teninfrastruktur erarbeitet und umgesetzt werden – vor allem in Form von konkreten Projekten “ (vgl. hierzu auch Netzwerk empirische Steuerforschung, abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Web/ DE/Themen/Steuern/Steuerliche_Themengebiete/NeSt/netzwerk-fuer-empirische-steuerforschung.html). In der vergangenen Legislaturperiode wurde durch das NeSt eine Vielzahl von Aktivitäten und Veranstal tungen initiiert und vorangetrieben, die u.a. dem Austausch und der Verbesserung der Dateninfrastruktur dienten. So konnte über das NeSt die Dateninfrastruktur bereits spürbar verbessert werden. Wesentliche Verbesserungen in der Dateninfrastruktur konnten etwa über die Bereitstellung neuer Datensätze und ver besserte Verknüpfung bestehender Datensätze durch das Statistische Bundesamt und die Forschungs datenzentren erreicht werden. Des Weiteren konnten für Forschungsanliegen aus der Wissenschaft ge meinsam mit den Akteuren in der Finanzverwaltung und dem Statistischen Bundesamt Ansatzpunkte für datenbasierte Analysen eruiert und erste Schritte gegangen bzw. Hürden für derartige Analysen identifi ziert werden. Die neuen bzw. erweiterten Möglichkeiten für eine evidenzbasierte Steuerforschung wurden auf den bisherigen Jahreskonferenzen des NeSt ebenso präsentiert und erörtert wie die aktuellen Grenzen und zukünftige Wege für eine weitere Verbesserung der Datenlage. Aus Sicht der Wissenschaft hat das NeSt bereits jetzt dazu beigetragen, die Dateninfrastruktur innerhalb der Steuerforschung zu verbessern, indem neue Daten bereitgestellt wurden und ferner die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen wurden, dass zukünftig die Verknüpfung von Steuerdaten in einem deutlich stärkeren Maße als bisher möglich ist. Ein solcher Erfolg ist letztendlich das gemeinsame Ergeb
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nis einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Finanzverwaltung und Vertretern der Amtli chen Statistik. Vor diesem Hintergrund ist es überaus erfreulich und wichtig, dass auch die aktuelle Regie rungskoalition dieses Engagement fortsetzen möchte. Hierzu findet sich im Koalitionsvertrag die Aussage: „ Schließlich wollen wir zur Stärkung der evidenzbasierten Politikberatung die empirische Steuerforschung in Zusammenarbeit mit den Ländern in leistungsfähige Strukturen überführen “ (vgl. Koalitionsvertrag zwi schen CDU, CSU und SPD für die 21. Legislaturperiode, Zeile 1517). Die Verbesserung der Dateninfrastruktur im Bereich der empirischen Steuerforschung ist somit ein gemeinsames Interesse von Politik, Wissen schaft, Finanzverwaltung und Vertretern der Amtlichen Statistik. Diese Verbesserung kann nur gelingen, wenn die genannten Gruppen in einem engen Vertrauensverhältnis und mit Verständnis für die jeweiligen Ziele und Restriktionen der jeweils anderen Gruppen zusammenarbeiten. Um die Bedeutung dieser gemeinsamen Aufgabe, Erreichtes, Lücken und Perspektiven noch anschauli cher darstellen zu können und exemplarische Einblicke in die Bedeutung der Weiterentwicklung der Da teninfrastruktur zu geben, kam auf der letzten Jahrestagung im Jahr 2024 die Idee auf, die enge Zusam menarbeit zwischen Wissenschaft, Finanzverwaltung und Vertretern der Amtlichen Statistik durch ein Sonderheft zur empirischen Steuerforschung zu befördern. Hierzu wurde im September 2024 ein Call for Papers für ein Sonderheft von Steuer und Wirtschaft mit dem Titel „ Empirische Steuerforschung in Deutschland “ veröffentlicht. Dieses nun vorliegende Sonderheft widmet sich der gesamten thematischen Breite der empirischen Steuerforschung. Entstanden ist eine Sammlung von Beiträgen mit empirischen Erkenntnissen im Bereich der Besteuerung, die mit Hilfe von Steuerdaten und anderer Datenquellen ge wonnen wurden. Das Sonderheft dokumentiert die Breite der Steuerforschung, die wichtige Einblicke in die Wirkung steuerlicher Regelungen liefert. Das vorliegende Sonderheft ist thematisch in die drei Bereiche unterteilt: Steuerpolitik, Steuerstatistik und Steuerwissenschaften. Diese Dreigliederung folgt dem Grundgedanken des NeSt, Vertreter aus Wissen schaft, Finanzverwaltung und der Amtlichen Statistik zusammenzubringen. Die jeweiligen Vertreter dieser Bereiche bringen in den Beiträgen ihre individuelle Perspektive im Hinblick auf die empirische Steuerfor schung ein. In dem ersten Themenbereich der Steuerpolitik gehen Dr. Rolf Bösinger und Fritz Güntzler mit jeweils eige nen Beiträgen auf die Steuerpolitik und die anstehenden Steuerprojekte der aktuellen 21. Legislaturperiode ein. In ihren Beiträgen stellen sie den Koalitionsvertrag dar und geben einen Ausblick, welche steuerlichen Projekte prioritär umzusetzen sind und welche konkreten Ziele damit verfolgt werden. Der zweite Themenbereich widmet sich der Steuerstatistik. Annette Kristiansen , Moritz Wittmaack , Dr. Hannes Fauser , Nahid Haghighi und Oliver Hauke als Vertreter des Statistischen Bundesamtes geben einen umfassenden Überblick über das vorhandene Datenangebot im Bereich der Steuerstatistiken. Hier bei liegt ein besonderer Fokus auf der Darstellung neuer Produktangebote der Amtlichen Statistik. Hierauf bauen Annette Kristiansen , Aline Klotz-Latus , Kirsten Oschmann , Moritz Wittmaack und Jasmin Egloff auf, indem sie die aktuellen und die zukünftigen Möglichkeiten der Zusammenführung und Verknüpfung von Steuerdaten beschreiben. Im Vordergrund ihres Beitrages stehen die neuen Möglichkeiten der Zusam menführung und Verknüpfung der Steuerstatistiken sowohl untereinander als auch im Zeitverlauf. Der dritte Themenbereich widmet sich wissenschaftlichen Analysen zu einzelnen Forschungsfragen. Allen Beiträgen ist gemein, dass steuerliche Forschungsfragen mit empirischen Methoden analysiert werden. Die Beiträge verdeutlichen hierbei das breite Portfolio an unterschiedlichen Analysemethoden und Daten, wobei nicht nur Daten der Amtlichen Statistik verwendet werden, sondern auch Befragungsdaten und Ar chivdaten. Daniel Dyck , Prof. Dr. Frank Hechtner , Prof. Dr. Ralf Maiterth und Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Caren Sureth-Sloane gehen in ihrem Beitrag der Frage nach, welche empirischen Erkenntnisse über einzelne Abschreibungsvorschriften als Mittel der Investitionsförderung in Deutschland vorliegen und inwieweit die Beantwortung dieser Frage auch von den vorhandenen Daten abhängt. Hierbei wird neben Befragungs daten erstmalig eine Auswertung der Einnahmeüberschussrechnung für wissenschaftliche Zwecke vor genommen. Martin Teuber , Julia Wilhelm , Judith Herrmann und Dr. Sven Stöwhase analysieren in ihrem Beitrag, welche Anpassungen infolge der Coronapandemie an dem Datensatz „ Faktische Anonymisierung der Steuerstatistik “ (FAST 2020) nötig sind, damit Mikrosimulationen für spätere Jahre zutreffende Ergeb nisse liefern. Hierbei wird insbesondere auf die Effekte des Kurzarbeitergeldes eingegangen. Prof. Dr. Markus Diller und Daniel Ehm analysieren empirisch eine mögliche Vorwegnahme von Grundsteuerhe besatzerhöhungen der Kommunen im Zusammenhang mit der Grundsteuerreform. Anhand öffentlich verfügbarer Hebesätze der Kommunen in Nordrhein-Westfalen leiten sie ab, inwieweit Kommunen aus fiskalischen Gründen Hebesatzerhöhungen möglicherweise zeitlich vorverlagert haben und die Grundsteu ersätze über Gebühr erhöhen. Prof. Dr. Reinald Koch und Dr. Till Scheider beschäftigen sich in ihrem Auf satz mit Fragestellungen der internationalen Gewinnverlagerung mit Fokus auf Europa. Hierbei wird eine neue Messmethodik anhand von Tax Footnotes entwickelt, mit der sich implizite Steuerersparnisse euro
StuW Sonderheft NeSt 2025
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päischer Großkonzerne konsistent und transparent quantifizieren lassen. Schließlich widmen sich Sarah Daxenberger , Prof. Dr. Frank Hechtner und Marius Weiß dem Themenkomplex der Steuerbefolgungskosten von Pillar Two. Mittels Experteninterviews werden Treiber abgeleitet, die die Höhe der Steuerbefolgungs kosten bei der Umsetzung von Pillar Two bestimmen. Damit werden erstmalig fundierte Aussagen über die Treiber der Steuerbefolgungskosten bei dieser noch recht neuen Steuer getroffen. Ein solches Sonderheft wäre ohne die helfenden Hände vieler unterschiedlicher Akteure nicht möglich gewesen. Zuvorderst gilt der Dank dem Bundesministerium der Finanzen, welches die Finanzierung des Sonderheftes übernommen hat. Der Dank schließt das komplette Team im Bundesministerium der Finan zen ein, welches das NeSt innerhalb der 20. Legislaturperiode betreut hat. Das Sonderheft wird als Print medium u.a. auf der Jahreskonferenz 2025 des NeSt vorgestellt. Im Übrigen wurde das Sonderheft im Open Access Format hergestellt, so dass die Beiträge allgemein zugänglich sind und gerne auch verbreitet werden dürfen. Ein besonderer Dank gilt hierbei Prof. Dr. Johanna Hey und Prof. Dr. Christoph Spengel als geschäftsführende Herausgeber von StuW, die dieses Projekt unterstützt haben. Weiter gilt ein besonderer Dank an Prof. Dr. Gary Rüsch als verantwortlicher Redakteur, der in unermüdlichem Einsatz dieses Son derheft mitgestaltet und betreut hat. Zugleich danken wir dem gesamten Team des Verlags Dr. Otto Schmidt, das dieses Projekt begleitet hat. Ein solches Sonderheft lebt in besonderem Maße von den Bei trägen. Daher danken wir sowohl den zahlreichen Autoren, die Einreichungen vorgenommen haben, als auch den Gutachtern, die innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne die wissenschaftliche Begutachtung vor genommen haben. Viele weitere Personen haben an diesem Heft mitgewirkt, denen wir an dieser Stelle ebenfalls danken möchten. Die Idee dieses Sonderheftes wurde im gemeinsamen Dialog von den professoralen Vertretern innerhalb des Lenkungsgremiums des NeSt entwickelt. Hierzu gehörten in der 20. Legislaturperiode Prof. Dr. Thiess Büttner , Prof. Dr. Frank Hechtner , Prof. Dr. Luise Hölscher als Staatssekretärin und Leiterin des Lenkungs gremiums im Bundesministerium der Finanzen und Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Caren Sureth-Sloane . AlsMit glieder des Lenkungsgremiums freuen wir uns, dass nach einem Jahr intensiver Beratungen und Abstim mungen diese Idee nun Realität geworden ist und damit die empirische Steuerforschung weiterhin an Sichtbarkeit gewinnt. Zugleich danken wir Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger für seine Bereitschaft, die Idee des NeSt auch in der aktuellen 21. Legislaturperiode weiter vorantreiben zu wollen. Für die professoralen Vertreter im Lenkungsgremium des NeSt in der 20. Legislaturperiode Prof. Dr. Thiess Büttner, Prof. Dr. Frank Hechtner , Prof. Dr. Luise Hölscher, Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Caren Sureth-Sloane * Als verantwortliche Herausgeber für dieses Sonderheft Prof. Dr. Frank Hechtner, Prof. Dr. Ralf Maiterth**
* Prof. Dr. Thiess Büttner ist Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschafts lehre, insbesondere Finanzwissenschaft der Friedrich-Alexander-Univer sität Erlangen-Nürnberg. Prof. Dr. Luise Hölscher war Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen. Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. C arenSu reth-Sloane hat die Professur für Betriebswirtschaftslehre, insb. Betriebs wirtschaftliche Steuerlehre der Universität Paderborn inne. ** Prof. Dr. Frank Hechtner ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirt schaftliche Steuerlehre der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg. Prof. Dr. Ralf Maiterth ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebs wirtschaftliche Steuerlehre der Humboldt-Universität zu Berlin.
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Abhandlungen – Steuerpolitik S5 Bösinger – Wachstum und Wohlstand für alle: Für mehr Evidenzbasierung in der Steuerpolitik
Abhandlungen
Steuerpolitik
Dr. Rolf Bösinger, Berlin* Wachstum und Wohlstand für alle: Für mehr Evidenz basierung in der Steuerpolitik STUW0079861
Die zentrale Funktion des parlamentarischen Gesetzgebers be steht darin, normative Rahmenbedingungen zu setzen, welche das gesellschaftliche Zusammenleben regulieren und gestalten. Dies betrifft in besonderem Maße die Grundlagen für unseren wirtschaftlichen Wohlstand und die Ausgestaltung einer Sozia len Marktwirtschaft, die Wettbewerb und sozialen Ausgleich gleichermaßen ermöglicht. Deutschland steht vor bedeutenden Herausforderungen. Hier bei sind insbesondere die schwächelnde Konjunktur, aber auch ein strukturell bedingt niedriges Wirtschaftswachstum, ein über Jahre aufgestauter Modernisierungsbedarf der Infrastruktur, die ausbaufähige Digitalisierung und die hohe Unsicherheit in Be zug auf geoökonomische und -politische Aspekte im Weltwirt schaftsgefüge zu erwähnen. Aber Deutschland erfüllt alle Vo raussetzungen, um diese Herausforderungen zu bewältigen und die Zukunft zu gestalten. Dafür braucht es einen handlungsfähi gen Staat mit tragfähigen Finanzen. Die Steuerpolitik ist eine zentrale Stellschraube für einen attraktiven und wettbewerbs fähigen Wirtschaftsstandort. Gleichzeitig muss sie sozial aus gewogen sein, um gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen. CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode mit dem Titel „ Verantwortung für Deutschland “ eine Stärkung des Wirtschaftswachstums in den Mittelpunkt gestellt. Das bedeutet vor allem, die steuerlichen Rahmenbedingungen für Investitionen und Innovationen spür bar zu verbessern. Diesbezüglich stellt der Investitions-Booster eine der im Koalitionsvertrag vereinbarten Sofortmaßnahmen dar. Hierbei handelt es sich um eine degressive AfA für Ausrüs tungsinvestitionen, die bei Unternehmen über die nächsten drei Jahre zu einer höheren Liquidität führen dürfte. Darauf folgt eine Phase mit schrittweiser Senkung der Unternehmens teuerbelastung ab 2028, um im internationalen Wettbewerb be stehen zu können. In Summe führt dies zu mehr Verlässlichkeit und Planungssicherheit für Unternehmen. Das ist auch gut für die Beschäftigten in Deutschland. Zu einer wachstumsorientierten Steuerpolitik gehören auch Maßnahmen, die das Arbeitskräftepotenzial stärken und so Leistungsanreize setzen. Hierzu zählen unter anderen die Be lohnung von Mehrarbeit durch steuerfreie Überstunden zuschläge und die längere Nutzung von Wissen und Kom petenzen durch die sogenannte Aktivrente. Darüber hinaus ist entscheidend, dass sich mittel- und langfristige (Tarif-)Entlas tungen auf die kleinen und mittleren Einkommen konzentrie
ren. Zur Mitte der Legislaturperiode soll deshalb u.a. die Ein kommensteuer im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten ge senkt werden. Mittel- und langfristig betrachtet wird durch die se Maßnahmen die Beschäftigung ausgeweitet und die privaten Haushalte werden steuerlich entlastet. Dies wirkt ebenfalls für sich genommen positiv auf das Wirtschaftswachstum. Die steuerpolitischen Ziele und Herausforderungen der aktuel len Legislaturperiode sind somit vielfältig und komplex. Durch nachhaltige Reformen, Investitionsförderung, internationale Kooperation, Erhöhung der Arbeitsanreize und die Entlastung der Haushalte wird angestrebt, Deutschland auf einen höheren Wachstumspfad zu bringen und die Weichen für zukünftigen Wohlstand in der Breite der Gesellschaft zu legen. Es ist jedoch klar, dass alle Vorhaben solide finanziert sein müs sen. Das bedeutet: Die geplanten steuerlichen Maßnahmen müssen zielgerichtet und effektiv wirken. Einen entscheidenden Beitrag zur Frage, wie diese Maßnahmen am besten ausgestaltet werden sollten bzw. wie sie wirken, kann die empirische Steuer forschung leisten: Welche steuerlichen Anreize stärken die In vestitionen und damit das Wachstumspotential schnell und ziel genau? Wie sind die Verteilungswirkungen der Steuerpolitik? Wie wirkt die internationale Koordinierung der Steuerpolitik auf die deutsche Wirtschaft? Wie kann die nachhaltige Trans formation der deutschen Wirtschaft mit positiven Wachstums und Beschäftigungswirkungen gestaltet werden? Die fundierte Beantwortung dieser Fragen benötigt entsprechende (Mikro-) Daten und Erkenntnisse aus der Wissenschaft. Das Netzwerk empirische Steuerforschung (NeSt) konnte in diesem Zusam menhang bereits einige Erfolge in der Verbesserung der Daten infrastruktur von Steuerdaten in Deutschland erzielen: ins besondere die Verknüpfung unterschiedlicher, bisher nicht ver knüpfter, Steuerstatistiken sowie die Unterstützung beim Zu gang zu Daten, die der Wissenschaft zuvor nicht zugänglich wa ren. Der Koalitionsvertrag sieht eine Fortsetzung dieser Aktivi täten zur Stärkung der evidenzbasierten Politikberatung vor. Dazu soll die empirische Steuerforschung in Zusammenarbeit mit den Ländern in leistungsfähige Strukturen überführt wer den. Mit der Gründung des NeSt wurde hierfür bereits ein erster Schritt getan. Diesen Weg wollen wir weiter gehen.
* Dr. Rolf Bösinger ist Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, Berlin.
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Abhandlungen – Steuerpolitik
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Güntzler – Steuerpolitische Reformfähigkeit im Zeichen des Koalitionsvertrages wiederherstellen
Fritz Güntzler, Berlin/Göttingen* Steuerpolitische Reformfähigkeit im Zeichen des Koalitionsvertrages wiederherstellen STUW0079862
achtet man die ganze Breite der Gewerbesteuersätze in Deutschland ergeben sich bei kombinierten Unternehmensteu ersätzen (KSt, GewSt und Soli) in einigen Fällen sogar Werte über 36 Prozent. 4 Dabei liegt der Durschnitt der Unterneh mensteuersätze bei Kapitalgesellschaften in der Europäischen Union bei 21,1 Prozent und in der OECD bei 23,6 Prozent. 5 Bei den Personenunternehmen schwankt die steuerliche Belas tung zwischen 35 – 45 Prozent. 6 Hier gibt es höhere Grenzbelas tungen mit bis zu 47,5 Prozent, womit Deutschland im interna tionalen Vergleich im oberen Viertel des Rankings einzusortie ren ist. 7 Mit einer Abgabenlast von 47,8 Prozent für alleinste hende Durchschnittsverdiener nimmt Deutschland im Mo ment auch bei der Arbeitnehmerbesteuerung Platz 2 ein. 8 Es herrscht also Handlungsbedarf, denn Deutschland befindet sich nun das dritte Jahr in Folge in einer Rezession. Es ver zeichnet den höchsten Anstieg an Insolvenzen in 10 Jahren. 9 Die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat nun die große Aufgabe die Trendwende herbeizuführen und die Weichen neu zu stellen. II. Stand der steuerpolitischen Reformfähigkeit Dafür braucht es ein frisches Engagement im Bereich der Steu erpolitik. Der schlechte Zustand der Wirtschaft ist keine neu gewachsene Erkenntnis. Sie ist Teil einer schon seit Jahren wachsenden Debatte von Seiten der mahnenden Wirtschaft * WP/StB Dipl.-Kfm. Fritz Güntzler ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis Göttingen. Seitdem ist er durchgängig Mitglied des Finanzausschusses und in der 21. Legislaturperiode Finanz politischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nebenberuflich ist er als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater tätig. 1 Vgl. Heinemann et. al., Länderindex Familienunternehmen, 10. Aufl. 2025, 9 ff. 2 Vgl. Dorn et al., Elemente einer grundlegenden Reform für das Steuer und Abgabensystem in Deutschland, ifo Forschungsberichte 151/2024, 9. 3 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1225581/umfrage/unterneh menssteuern-ausgewaehlter-laendern/. 4 https://taxfoundation.org/de/data/all/eu-de/gewerbesteuersaetze-in-deuts chland/. 5 https://www.dihk.de/de/aktuelles-und-presse/tdw/top-themen/steuerlast deutscher-unternehmen-im-internationalen-vergleich-zu-hoch-127862. 6 https://www.ihk.de/rhein-neckar/recht/steuerrecht/einkommensteuer-ko erperschaftsteuer/option-koeperschaftssteuer-5353736. 7 https://www.vbw-bayern.de/Redaktion/Frei-zugaengliche-Medien/Abteil ungen-GS/Wirtschaftspolitik/2024/Downloads/2403-Studie-Steuerliche-S tandortqualit%C3%A4ten-f%C3%BCr-Unternehmen-in-der-EU.pdf. 8 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/185987/umfrage/steuer-und sozialabgaben-nach-laendern/. 9 https://www.creditreform.de/aktuelles-wissen/pressemeldungen-fachbeitr aege/news-details/show/insolvenzen-in-deutschland-jahr-2024.
Inhaltsverzeichnis
I. Bestandsaufnahme II. Stand der steuerpolitischen Reformfähigkeit III. Gründe für den steuerpolitischen Stillstand 1. Massenverfahren vs. Einzelfallgerechtigkeit 2. Fiskalpolitische Beschränkungen durch Bundes- und Länder haushalte IV. Aktuelle Steuerpolitische Perspektiven des Koalitionsvertrages Warum der Koalitionsvertrag eine neue Chance bietet V. Die empirische Steuerforschung als Schützenhilfe in bewegten steuerpolitischen Zeiten VI. Ausblick I. Bestandsaufnahme Die zentrale Funktion des parlamentarischen Gesetzgebers be steht darin, normative Rahmenbedingungen zu setzen, welche das gesellschaftliche Zusammenleben regulieren und gestalten. Dies betrifft in besonderem Maße die Grundlagen für unseren wirtschaftlichen Wohlstand und die Ausgestaltung einer Sozia len Marktwirtschaft, die Wettbewerb und sozialen Ausgleich gleichermaßen ermöglicht. Gerade dieser Wohlstand ist jedoch nachhaltig gefährdet- und damit der Wohlfahrtsstaat. Wir befinden uns in einem globalen Wettbewerb, und während sich Deutschland in den letzten 15 Jahren auf Erfolgen wie den Arbeitsmarktreformen, his torisch günstigen Finanzierungskosten, einer starken globalen Nachfrage nach unseren Exportgütern und vergleichsweise mo deraten Lohnkosten ausgeruht hat, investierten andere Volks wirtschaften noch mehr in ihre Fähigkeiten und Potenziale. Herausgekommen sind investitionsfreundlichere Rahmenbe dingungen, attraktivere Steuersätze, anwendungsfreundlichere Bürokratie und zeitgemäßere Infrastrukturen. 1 Insbesondere die steuerlichen Rahmenbedingungen tragen zum Erfolg einer Volkswirtschaft bei. Unter den G7 ‑ Staaten be fand sich Deutschland 2012 im Ranking der Unternehmensteu erbelastungen noch in einem soliden Mittelfeld. Inzwischen ha ben alle anderen Staaten bis auf Japan ihre Unternehmensteu ern wettbewerbsfähiger aufgestellt. Deutschland liegt nun an einsamer Spitze. 2 Die Steuerlast, die Deutschland seinen Unternehmen auferlegt, ist im internationalen Vergleich zu hoch. Auch die OECD-Stu dien der letzten Jahre dokumentieren diesen negativen Aufstieg Deutschlands. Mit einer durchschnittlichen Steuerbelastung von 29,93 Prozent gehören wir zu den Hochsteuerländern. 3 Be
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